Nach Corona-Ausbruch bei Tönnies Lockdown für Gütersloh und Warendorf

Nach Corona-Ausbruch bei Tönnies Lockdown für Gütersloh und Warendorf
Kritik an Fleischindustrie und Krisenmanagement
Kontaktverbot, Schulen und Kitas dicht, Bars und Kinos geschlossen: Für die Kreise Gütersloh und Warendorf gilt ein einwöchiger Lockdown. Die Landesregierung will nach dem Corona-Ausbruch beim Fleischverarbeiter Tönnies auf Nummer sicher gehen.

Düsseldorf, Gütersloh (epd). Um den Corona-Ausbruch in einem Schlachtbetrieb der Firma Tönnies einzudämmen, wird das öffentliche Leben in den Kreisen Gütersloh und Warendorf ab Mittwoch drastisch eingeschränkt. Die nordrhein-westfälische Landesregierung verhängte am Dienstag einen einwöchigen Lockdown mit Kontaktverboten und der Schließung von Bars sowie Kultur- und Sporteinrichtungen. Politiker mehrerer Parteien forderten Änderungen in der Fleischindustrie und kritisierten das Krisenmanagement der Landesregierung.

Für die Bürger in den Kreisen Gütersloh und Warendorf gelten nach der neuen Coronaregionalverordnung praktisch die gleichen Einschränkungen wie im März. Sie dürfen in der Öffentlichkeit nur zu zweit oder mit Menschen des eigenen Hausstands unterwegs sein. Sport und Freizeitaktivitäten in geschlossenen Räumen sind ebenso untersagt wie Konzerte und Aufführungen. Kinos, Museen und Gedenkstätten sowie Indoorspielplätze, Hallenschwimmbäder, Saunen und Wellnesseinrichtungen werden geschlossen.

Verboten sind zudem Picknicks und Grillen auf öffentlichen Flächen. Bars müssen schließen, Restaurants für einen eingeschränkten Betrieb geöffnet bleiben. Im Kreis Warendorf müssen nun auch die Schulen und Kindergärten schließen - im Kreis Gütersloh ist dies bereits seit einer Woche der Fall. Der Lockdown sei nötig, um die Ausbreitung des Corona-Virus zu stoppen, sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU). Die "große Belastung" durch den Lockdown sei ihm bewusst, deshalb solle diese befristete Maßnahme "schnellstmöglich zurückgefahren werden".

Auch Gesundheitsminister Karl-Josef Laumann (CDU) betonte, angesichts der hohen Infektionszahlen sei Vorsicht geboten: "Ohne die Maßnahmen wären die Belastungen am Ende womöglich um ein Vielfaches höher." Die Einhaltung der angeordneten Quarantänemaßnahmen seien ein Schlüssel zur Unterbrechung der Infektionsketten und würden konsequent durchgesetzt, kündigten die CDU-Politiker an.

Von den 6.140 getesteten Mitarbeitern der Tönnies-Fleischfabrik in Rheda-Wiedenbrück sind den Angaben zufolge 1.553 mit dem Corona-Virus infiziert, dazu gebe es einige Infektionen im familiären Umfeld. In den beiden betroffenen Landkreisen sollen nun auch alle Bewohner und Mitarbeiter von Alten- und Pflegeheimen auf Sars-CoV-2 getestet werden, zudem können sich sämtliche Bewohner der Kreise kostenlos testen lassen. Krankenhäuser in der Region halten ab sofort Plätze für potenzielle Corona-Patienten frei.

Der Landrat des Kreises Gütersloh, Sven-Georg Adenauer (CDU), zeigte sich erfreut, dass die Geschäfte weiter geöffnet bleiben. Er appellierte an die Bürger, sich an die neuen Regeln zu halten. Der SPD-Fraktionschef im Düsseldorfer Landtag, Thomas Kutschaty, begrüßte den Lockdown zwar als "einzig richtige Entscheidung zum Schutz der Gesundheit der Menschen". Diese Entscheidung komme aber "mal wieder zu spät", sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Mittwoch).

Die Grünen-Fraktionschefin im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, nannte den Lockdown notwendig, "aber es hätte viel früher viel konsequenteres Handeln gebraucht". SPD-Fraktionsvize Katja Mast forderte, das "derzeit praktizierte Geschäftsmodell in der Fleischindustrie" müsse enden. Tönnies sei kein Einzelfall, die Leidtragenden der Maßnahmen seien vor allem Familien mit Kindern und Ältere. Die Linksfraktion verlangte eine strengere Regulierung der Fleischindustrie, zudem müsse die Firma Tönnies "zur Rechenschaft gezogen werden und für den gesamten Schaden haften".