Köln (epd). Der katholische Pfarrer Peter Kossen hat sich angesichts des massiven Corona-Ausbruchs im Schlachtbetrieb Tönnies für strukturelle Änderungen in der Fleischindustrie ausgesprochen. Das geplante Verbot von Werkverträgen sei ein erster Schritt, reiche alleine jedoch nicht aus, sagte er am Dienstag im Deutschlandfunk. Die Beschäftigten müssten auch darüber hinaus stärker vor Ausbeutung geschützt werden. Sie würden in der Branche "zu Konditionen beschäftigt und untergebracht, die nicht zu rechtfertigen sind", erklärte Kossen.
"Man verbraucht Menschen und benutzt sie, und wir sehen jetzt unter anderem in Rheda-Wiedenbrück die Folgen davon", erklärte der aus dem niedersächsischen Vechta stammende Theologe. Die Arbeitsmigrantinnen und -migranten aus Osteuropa hätten keine Möglichkeit, in der deutschen Gesellschaft anzukommen, sagte Kossen, der zurzeit im westfälischen Lengerich arbeitet und sich seit Jahren für bessere Arbeitsbedingungen in der Fleischindustrie einsetzt.
"Da hat sich ein riesiger Graubereich entwickelt, in dem Menschenrechte und Arbeits- und Sozialrechte mit den Füßen getreten werden", beklagte der Pfarrer. Die Beschäftigten, die häufig dauerhaft in Deutschland seien, lebten in einer Schattenwelt. Angesichts einer Monatsarbeitzeit bis 260 Stunden hätten sie keine Möglichkeit, richtig Deutsch zu lernen. Kossen forderte mehr Wertschätzung für die Arbeiter. Es seien "Menschen, die wir nicht ansehen dürfen als solche, die die Drecksarbeit zu billigsten Konditionen machen, sondern als Mitbürger, die viel in unsere Gesellschaft einzubringen haben".