Frankfurt a.M. (epd). Nach dem massiven Corona-Ausbruch bei dem Schlachtbetrieb Tönnies will Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) Missstände in der Fleischindustrie beseitigen. Im ARD-"Morgenmagazin" kündigte er am Montag scharfe Maßnahmen an: "Wir machen jetzt Schwerpunktrazzien der Arbeitsschutzbehörden des Zolls. Wir müssen auch dafür sorgen, dass sich im Grunde genommen im System etwas ändert", sagte Heil. Auch Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) forderte ein entschlossenes Handeln zur Eindämmung des Virus-Ausbruchs bei Tönnies.
Es müsse mit den vielen Subunternehmen und der Ausbeutung von Menschen Schluss sein, betonte Heil. "Unter der Bedingung der Pandemie wird aus dieser Form von Ausbeutung ein allgemeines Gesundheitsrisiko. Das kann sich diese Gesellschaft nicht länger bieten lassen", sagte der SPD-Politiker. Bereits in der Vergangenheit habe es immer Anläufe gegeben, die Bedingungen in der Fleischindustrie zu verbessern, doch diese Versuche seien im parlamentarischen Verfahren immer wieder verwässert worden.
"Deshalb gehe ich davon aus, dass wir in der Koalition gemeinsam das umsetzen, was wir in der Bundesregierung miteinander beschlossen haben, und das verlangt alle Kräfte der Koalition", sagte Heil. Er forderte zugleich die Verantwortung der Unternehmen ein. "Ich erwarte von diesem Unternehmen, dass alles getan wird, um den Schaden zu begrenzen, um tatsächlich auch einzustehen für das, was da angerichtet wurde." Es müsse geprüft werden, welche zivilrechtlichen Haftungsmöglichkeiten es gebe.
Unterdessen warnte Bundesgesundheitsminister Spahn vor einem Übergreifen des Corona-Ausbruchs bei Tönnies auf ganz Deutschland: "Jetzt gilt es, jeden regionalen Ausbruch umgehend einzudämmen und die Infektionsketten zu unterbrechen", sagte er der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Montag). "Nur mit entschlossenem Handeln vor Ort in Ostwestfalen kann ein Übergreifen auf ganz Deutschland verhindert werden", sagte Spahn. Es sei gut, dass die NRW-Landesregierung dem Geschehen höchste Priorität einräume, sagte der Gesundheitsminister.
Nach dem massiven Corona-Ausbruch bleibt die Großschlachterei Tönnies im nordrhein-westfälischen Rheda-Wiedenbrück bis 2. Juli geschlossen. Der zuständige Kreis Gütersloh hatte am Wochenende die 7.000 Beschäftigten und das Management per Verordnung unter Quarantäne gestellt. Bis Sonntagnachmittag wurden nach Behördenangaben rund 1.330 Beschäftige vor allem aus Osteuropa positiv auf das Coronavirus getestet.
Die Landesregierung entschied sich am Sonntag aber gegen einen Lockdown und damit das massive Runterfahren des öffentlichen Lebens für die ganze Region. Er könne aber einen Lockdown nicht ausschließen, wenn es zu einer höheren Zahl an Infizierten kommen werde, sagte Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) in Gütersloh.