Berlin, Caracas (epd). In Venezuela hat das Oberste Gericht die Vorsitzenden von zwei Oppositionsparteien abgesetzt. Das Gericht ernannte zwei neue Parteichefs, die dem Regime von Präsident Nicolás Maduro nahestehen, wie die Tageszeitung "El Nacional" am Mittwoch (Ortszeit) berichtete. Notwendig sei ein Restrukturierungsprozess der Parteien, begründeten die als staatsnah geltenden Richter ihre Entscheidung.
Bei den Parteien handelt es sich um die "Acción Democrática" (AD), eine der ältesten und größten Oppositionsparteien, sowie um "Primero Justicia". Noch in diesem Jahr soll in Venezuela ein neues Parlament gewählt werden, das seit 2016 zu zwei Dritteln von der Opposition kontrolliert wird und von Maduro weitgehend entmachtet wurde.
Venezuelas Oppositionsführer Juan Guaidó sprach via Twitter von einem Missbrauch des Gerichts. Die Entscheidung werde die Opposition nur stärken und vereinen, erklärte er. Guaidós Partei "Voluntad Popular" ist von dem Gerichtsurteil nicht betroffen, Medien spekulieren aber, dass die Führung in weiteren Oppositionsparteien auf diese Weise ausgetauscht werden soll. Maduro warf der Opposition im staatlichen Fernsehen erneut vor, dass sie einen Staatsstreich gegen ihn plane und die Rohstoffe des Landes stehle.
Das Gericht ernannte José Brito zum neuen Vorsitzenden von "Primero Justicia". Gegen Brito laufen Korruptionsermittlungen, er wurde im vergangenen Jahr aus der Partei ausgeschlossen. AD soll von Bernabé Gutiérrez geführt werden, der ebenfalls von seiner Partei wegen "Verschwörung mit dem Regime Maduro" ausgeschlossen wurde.
Venezuela befindet sich in einer schweren wirtschaftlichen und politischen Krise. Parlamentspräsident Guaidó hatte sich im vergangenen Jahr zum Übergangsstaatschef ausgerufen und wird inzwischen von mehr als 50 Staaten anerkannt. Auf der Seite von Maduro stehen Länder wie Kuba, Russland und die Türkei. Das Militär steht mehrheitlich loyal zu Maduro und ist sein größter Machtfaktor.
Wegen der schweren Wirtschaftskrise sind inzwischen mehr als fünf Millionen Menschen aus Venezuela geflüchtet, die meisten davon in das Nachbarland Kolumbien. Inzwischen ist aber die Grenze aufgrund der Corona-Pandemie geschlossen.