Volksverhetzungs-Paragraf schützt auch vor Verunglimpfung von Frauen

Volksverhetzungs-Paragraf schützt auch vor Verunglimpfung von Frauen

Köln (epd). Der sogenannte Volksverhetzungs-Paragraf im Strafgesetzbuch (StGB) greift auch bei einer pauschalen Verunglimpfung von Frauen. Zwar sei der Hauptanwendungsbereich der Schutz von Minderheiten, das Gesetz erfasse aber "nach Wortlaut, Sinn und Zweck" auch Angriffe auf die Menschenwürde von Frauen, erklärte das Oberlandesgericht Köln in einem am Montag veröffentlichten Urteil. Der erste Strafsenat hob damit einen Freispruch des Landgerichts Bonn auf und wies den Fall eines Homepagebetreibers mit frauenverachtenden Beiträgen zur erneuten Verhandlung an eine andere Kammer des Landgerichts zurück. (AZ: III-1RVs 77/20)

Der Angeklagte hatte dem Gericht zufolge auf einer von ihm betriebenen Homepage im Internet in zahlreichen Beiträgen Frauen unter anderem als "Menschen zweiter Klasse", "minderwertige Menschen" und "den Tieren näherstehend" bezeichnet. Das Amtsgericht Bonn hatte ihn daher zu einer Geldstrafe von 55 Tagessätzen verurteilt. Nach einer Berufung des Angeklagten sprach das Landgericht Bonn den Mann aus Rechtsgründen frei.

Das Bonner Landgericht vertrat den Angaben zufolge die Auffassung, Paragraf 130 schütze nur Gruppen, die durch ihre politische oder weltanschauliche Überzeugung, ihre sozialen oder wirtschaftlichen Verhältnisse, ihren Beruf oder ihre soziale Funktion erkennbar seien. Eine geschlechtsspezifische Bestimmung nehme die Norm dagegen nicht vor. Die Gesetzgebungsgeschichte zeige, dass der allgemeine Geschlechterschutz von der Norm nicht beabsichtigt sei.

Dieser Argumentation folgten die Richter des Kölner Oberlandesgerichts nicht und hoben den Freispruch auf, nachdem die Staatsanwaltschaft in Revision gegangen war. Zu den durch den betreffenden Paragrafen geschützten "Teilen der Bevölkerung" zählten auch Frauen, begründeten die Richter des ersten Senats ihr Urteil. Dies ergebe sich aus dem Wortlaut des Gesetzes, der Auslegungshistorie, der Systematik und aus dem Zweck der Vorschrift.

Zwar könne argumentiert werden, dass Frauen von anderen nichts zu befürchten hätten, weil ihnen allein die zahlenmäßige Überlegenheit genügend Schutz biete. Eine solche Konzeption finde aber im Gesetzeswortlaut keinen Ausdruck, betonten die Kölner Richter. Zudem könne die Rechtsanwendung kaum von Zufälligkeiten der möglicherweise wechselnden Majoritätenbildung abhängig gemacht werden. Auch zeige die Historie des Paragrafen eine Entwicklung zu einem umfassenden "Anti-Diskriminierungstatbestand".