Berlin (epd). Der Präsident des Deutschen Caritasverbandes, Peter Neher, fordert eine schnelle und deutliche Aufstockung des Hartz-IV-Regelsatzes. "Der Hartz-IV-Satz ist grundsätzlich zu niedrig", sagte Neher den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Sonntag). "Unsere Berechnungen haben ergeben, dass er zwischen 70 und 80 Euro höher sein müsste, hier muss dringend aufgestockt werden." Die Corona-Krise verschärfe die Situation noch.
Er befürchte, dass sich soziale Ungleichheiten durch die Krise weiter verstärkten, sagte der Caritas-Präsident. "Arme Familien, die auf staatliche Unterstützung angewiesen sind und ohnehin jetzt schon mehr schlecht als recht über die Runden kommen, haben beispielsweise kaum Geld für Schutzmasken, Desinfektionsmittel und zusätzliche Bedarfe durch die Krise." Der Hartz-IV-Regelsatz für einen Alleinstehenden beträgt derzeit 432 Euro (ohne Wohnkosten), ein Partner in einer Bedarfsgemeinschaft erhält 389 Euro.
Auch bei der schulischen Bildung drohten viele benachteiligte Kinder durch das Home-Schooling abgehängt zu werden, sagte Neher. "Wenn ein Kind in einer adäquaten Wohnsituation lebt und lernt, ist das etwas völlig anderes, als wenn es sich in einer beengten Umgebung befindet."
Den von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) vorgeschlagenen generellen Familienbonus von 300 Euro pro Kind hält der Caritas-Chef nicht für sinnvoll. Das sei Geld, das nicht alle Familien nötig hätten. "Ich bin dafür, dass sehr genau geprüft wird, wer jetzt Hilfe braucht und dann gezielt gefördert wird." Der Staat solle nicht mit der Gießkanne Gelder verteilen, sagte Neher. "Aber Einzelne, die das Geld bitter nötig haben, könnten einen solchen Zuschlag gut gebrauchen."