München (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier warnt in der Auseinandersetzung um die staatlichen Maßnahmen in der Corona-Pandemie vor Angriffen auf die Demokratie. "So spinnert manche Verschwörungstheorie auch daherkommen mag - vergessen wir nicht, dass hinter ihr harte politische Ziele stehen, die wir nicht ignorieren dürfen", schrieb Steinmeier in einem am Freitag veröffentlichten Gastbeitrag auf "sueddeutsche.de". Die Diskreditierung gewählter Volksvertreter, seriöser Berichterstattung, demokratischer Verfahren und wissenschaftlicher Erkenntnisse sei nichts weniger als ein Angriff auf die Demokratie. Diesen gelte es gemeinsam abzuwehren.
Das Ringen um den besten Weg aus der Krise habe nichts gemein mit denen, "die Verunsicherung und Unzufriedenheit nutzen, um Stimmung gegen 'die da oben' zu machen". "Ja, die gegenwärtigen Einschnitte in unsere Freiheitsrechte spüren wir alle, sie sind massiv und sie sind einmalig in unserer Geschichte", räumte Steinmeier ein: "Doch sie sind kein Selbstzweck. Sie dienen dem Schutz von Gesundheit und Leben."
In dem Beitrag zum 71. Jahrestag der Verkündung des Grundgesetzes am Samstag schrieb der Bundespräsident, die demokratische Grundordnung bewähre sich auch in der Pandemie. Gemeinsam sei es gelungen, die Infektionskurve abzuflachen, so dass schmerzhafte Beschränkungen bereits wieder gelockert werden könnten. "Und diesen gesamtgesellschaftlichen Kraftakt leisten wir nicht etwa, weil eine eiserne Hand uns dazu zwingt. Sondern weil wir eine lebendige Demokratie mit verantwortungsbewussten Bürgerinnen und Bürgern sind", erklärte Steinmeier.
Er sei froh, dass die Regierungen in Bund und Ländern ihre Entscheidungen an wissenschaftlichen Erkenntnissen orientieren, die sich stetig weiterentwickeln, und gesellschaftliche und wirtschaftliche Auswirkungen der verhängten Maßnahmen berücksichtigen. "Völlig klar: Dabei werden auch Fehler gemacht. Im Zweifel müssen diese korrigiert werden", räumte der Bundespräsident ein: "Auch dafür brauchen wir eine lebendige, strittige Debatte, eine starke Opposition im Parlament und eine kritische Öffentlichkeit." Politik könne nur besser werden, "wenn sie herausgefordert ist, sich zu erklären, zu rechtfertigen, neu abzuwägen".
Er sei überzeugt, schrieb Steinmeier: "Das Grundgesetz wird diese Pandemie überdauern, ohne Schaden zu nehmen."