Berlin (epd). Der Bundestag hat am Donnerstag in Berlin die Corona-Prämie für Pflegekräfte beschlossen sowie weitere soziale Hilfen, um die Auswirkungen der Krise zu mildern. Das Parlament stimmte bei Enthaltungen aus der Opposition einer Erhöhung des Kurzarbeitergeldes zu. Außerdem gibt es länger Arbeitslosengeld, mehr Unterstützung für pflegende Angehörige und Geld für vorsorgliche Corona-Tests in Altenheimen und Krankenhäusern. Bevor die Gesetze in Kraft treten können, müssen sie am Freitag noch vom Bundesrat gebilligt werden.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erklärte, gemeinsam sei es in den vergangenen Wochen gelungen, die Infektionszahlen zu begrenzen. Nun komme es darauf an, das Erreichte zu sichern. Er rief die Bundesländer auf, die Corona-Prämie für Pflegekräfte aufzustocken. Bayern, Schleswig-Holstein und Hamburg hätten sich dazu schon bereiterklärt, sagte er dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (Donnerstag). Altenpflegefachkräfte erhalten einmalig 1.000 Euro als Anerkennung für ihren Einsatz in der Krise, bis zu 1.500 Euro sind steuerfrei.
Die Opposition kritisierte die mit dem Pandemie-Gesetz verbundene Ausweitung der Befugnisse des Bundesgesundheitsministers. Ein Antrag der Grünen mit dem Ziel, bei Verordnungen zum Infektionsschutz die Rechte von Bundestag oder Bundesrat zu stärken, scheiterte aber. AfD, FDP und die Linke stimmten gegen den Entwurf der Koalition, die Grünen enthielten sich. Die AfD stellte die Gefahr durch das Coronavirus grundsätzlich infrage und warf der Regierung vor, der Bevölkerung die Krise nur einzureden.
Zu den Neuregelungen zählen Hilfen für Angehörige, die sich wegen der Corona-Krise um Pflegebedürftige kümmern, weil etwa osteuropäische Hilfskräfte nicht mehr kommen oder Tagespflegeeinrichtungen geschlossen sind. Sie können sich leichter von der Arbeit freistellen lassen und erhalten 20 statt bisher 10 Tage lang eine Erstattung für den Lohnausfall.
Um den Infektionsschutz insbesondere in der Altenpflege und in Kliniken zu verbessern, finanzieren die Krankenkassen künftig regelmäßige, vorsorgliche Tests auf das Corona-Virus. Für die Zusatzausgaben stellt die Koalition den Kassen einen Bundeszuschuss in Aussicht.
Das Kurzarbeitergeld steigt für Beschäftigte, deren Arbeitszeit um mindestens 50 Prozent reduziert ist, ab dem vierten Monat auf 70 Prozent und ab dem siebten Monat auf 80 Prozent des Nettolohns. Eltern bekommen 77 beziehungsweise 87 Prozent. Dies soll bis zum Jahresende gelten. Bislang beträgt das Kurzarbeitergeld 60 beziehungsweise 67 Prozent des Nettoeinkommens. Die Hürden für Kurzarbeit waren im März mit dem ersten Sozialschutzpaket deutlich gesenkt worden. Inzwischen haben 750.000 Unternehmen für rund zehn Millionen Beschäftigte Kurzarbeit angemeldet.
Das Sozialschutzpaket II, das das Parlament bei Enthaltungen aus der Opposition billigte, sieht außerdem ein um drei Monate verlängertes Arbeitslosengeld vor und mehr Zuverdienstmöglichkeiten für Kurzarbeiter mit Nebenjobs. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) begrüßte die Verbesserungen, erklärte aber, vielen Beschäftigten drohten dennoch soziale Härten.
Grüne und Linke kritisierten, das Paket helfe gerade den ärmsten Schichten der Bevölkerung nicht. Das werde auch von den großen Sozialverbänden bemängelt. Die Vorsitzende der Linkspartei, Katja Kipping, sprach von einer "armutspolitischen Enttäuschung". Grüne und Linke forderten Aufschläge auf Hartz-IV-Leistungen und mehr Kurzarbeitergeld bei geringem Einkommen. Die FDP bemängelte, das Kurzarbeitergeld hätte überhaupt nur für Geringbverdiener erhöht werden müssen. Außerdem vernachlässige die Koalition die Selbstständigen, die ebenfalls in großen Nöten seien, kritisierte der Arbeitsmarkt-Experte Johannes Vogel.