Berlin (epd). Die Gründerin der gemeinnützigen Berliner Organisation "Der goldene Aluhut", Giulia Silberberger, sieht in Verschwörungstheoretikern eine wachsende Gefahr. Sie habe noch nie eine solche Gewaltbereitschaft in der Szene erlebt wie in der Corona-Krise, sagte Silberberger am Dienstag dem RBB-Hörfunksender radioeins. Dabei sei die Gefahrenlage in der Mitte der Gesellschaft angesiedelt.
Es gebe den Begriff des stochastischen Terrorismus, der durch einen Zufall ausgelöst werde. Aktuell herrsche ein Klima, in dem sich viele Menschen befähigt fühlten, aktiv zu werden, ohne dass sie einer rechtsextremen oder salafistischen Aktivistenzelle angehörten, sagte Silberberger, deren Organisation sich seit 2014 für die Aufklärung über Verschwörungsideologien, Sekten und ideologischen Missbrauch engagiert.
Die neue Herausforderung für Sicherheitsbehörden und Beratungsstellen seien Facebook-, Telegram- oder Whatsapp-Gruppen mit Zehntausenden Mitgliedern, erklärte sie. Unter denen diejenigen herauszufinden, die sich radikalisierten, sei sehr schwer.
Im persönlichen Umgang mit Verschwörungstheoretikern rät Silberberger dazu, sie in Gesprächen ernst zu nehmen. Hinter jedem Verschwörungstheoretiker stehe ein Mensch mit Sorgen, Ängsten und Nöten, der von irgendetwas getriggert worden sei, sagte die Expertin: "Wenn jemand noch nicht so tief in der Szene drinsteckt, hat man gute Chancen an ihn heran zukommen. Das geht aber nur mit Respekt."
Silberberger selbst stieg 2007 aus der Sekte der Zeugen Jehovas aus. Ihre Organisation verleiht jährlich den Negativpreis "Der goldene Aluhut" für die Verschwörungstheorie des Jahres.