Seibert: Verschwörungstheorien auf Demos sollen spalten

Seibert: Verschwörungstheorien auf Demos sollen spalten
Soziologe warnt vor wachsendem Einfluss von rechts
Die staatlichen Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie haben Proteste auf der Straße ausgelöst. Bei den Teilnehmern handelt es sich laut Wissenschaftlern um ein "diffuses Spektrum". Auch Verschwörungstheorien spielen eine Rolle.

Berlin, Jena (epd). Die Bundesregierung hat die bei den Protesten gegen die Corona-Maßnahmen verbreiteten kruden Theorien scharf verurteilt. "Wer so etwas verbreitet, der will unser Land spalten und die Menschen gegeneinander aufbringen", sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. BKA-Chef Holger Münch verwies auf Versuche aus dem rechten Lager, die Demonstrationen zu instrumentalisieren. Auch der Soziologe Matthias Quent warnte vor einer rechten Unterwanderung der Proteste gegen die Corona-Maßnahmen.

Am Wochenende hatten in mehreren deutschen Städten Tausende gegen die Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie demonstriert. Manche Teilnehmer vertreten dabei krude Theorien, die die Gesundheitsgefahr durch das neuartige Virus infrage stellen und unterstellen, dass das Virus für Einschränkungen gegen die Interessen der Bürger missbraucht werde. Solche Verschwörungstheorien werden vor allem über soziale Netzwerke verbreitet.

Regierungssprecher Seibert sagte, jeder könne sich bei vertrauenswürdigen Quellen über Stand und auch Kontroversen in der wissenschaftlichen Debatte informieren. Etwas anderes seien abstruse Behauptungen, hasserfüllte Stereotype oder Theorien, die auf einen Sündenbock oder "Welt-Bösewicht" herauslaufen. Wer dergleichen verbreite, wolle "sein verschwörungstheoretisches Süppchen" kochen.

Seibert verurteilte zugleich die "hohe Aggressivität" sowohl gegen Polizisten als auch Journalisten bei den Demonstrationen. Ein Sprecher des Bundesinnenministeriums sagte, bestimmte Gruppen machten sich derzeit die Proteste gegen die Corona-Einschränkungen zunutze. Das habe auch der Verfassungsschutz im Blick. Auf die Frage, warum die Demonstrationen trotz Missachtung der Abstandsregelung nicht aufgelöst wurden, sagte er, diese Entscheidung obliege den Behörden vor Ort.

BKA-Chef Münch sagte, insbesondere aus dem rechten Lager gebe es Versuche, bürgerliche Proteste zu kapern. Das Thema Corona sei sowohl von Verschwörungstheoretikern sowie von linken und rechten Extremisten dankend aufgenommen worden. Die Verschwörungstheoretiker seien dabei nicht zwangsläufig mehr geworden. Aus allen Bereichen habe eher eine Themenverschiebung hin zu Corona stattgefunden.

Der Soziologe Quent unterstrich in einem epd-Gespräch die Gefahr, dass Menschen radikalisiert würden, die mit rechtsextremer Ideologie bislang nichts zu tun hätten. "Es ist besorgniserregend, dass auch Leute, die gerade nicht wissen wohin mit ihrer Verzweiflung und ihrer Verunsicherung, vereinnahmt werden könnten durch Akteure, die eine längerfristige Programmatik und Zielsetzung verfolgen", sagte der Gründungsdirektor des Instituts für Demokratie und Zivilgesellschaft in Jena.

Die Proteste gegen die Beschränkungen in der Corona-Pandemie seien gekennzeichnet durch ein "diffuses Spektrum an Teilnehmern". Gruppen mit legitimen Anliegen seien dabei aber kaum wahrnehmbar angesichts der Lautstärke von Populisten und Verschwörungsideologen. Der Soziologe betonte zugleich, dass es sich bei den Gegnern der Corona-Maßnahmen um eine "sehr, sehr kleine, wenn auch laute Minderheit" handele. Die Statistik zeige, dass die große Mehrheit der Deutschen mit der Pandemie-Bekämpfung der Regierung zufrieden sei.

epd co/mih/jup fu