Achim Steiner, der Chef des Entwicklungsprogramms der Vereinten Nationen (UNDP), warnt davor, bei der Bewältigung der Corona-Krise den Klimaschutz zu vernachlässigen. Bereits nach der Finanzkrise 2008 habe man gute Erfahrungen mit Investitionen in grüne Sektoren gemacht, sagte der Deutsch-Brasilianer in einem am Wochenende verbreiteten Interview des Deutschlandfunks. Die damals getätigten Investitionen in saubere Energien und öffentliche Transportsysteme hätten gute Ergebnisse gezeigt. Auch heute wisse man, dass Kohlekraftwerke und "Automobilität" nicht für die Wirtschat der Zukunft stünden.
"Klimawandel wird sicherlich eines der zentralen Themen sein, die in der Post-Coronavirus-Phase in Entscheidungen, was Energiepolitik, aber auch Transport, die Entwicklung unserer Städte, Arbeitsplätze sehr stark beeinflussen wird", sagte der 58-Jährige. Länder, die ihrer Klimaschutz-Verantwortung nicht nachkämen, könnten auf die Dauer Nachteile im Handel erleiden, etwa über mögliche CO2-bezogene Zölle, sagte Steiner, der bis 2017 das UN-Umweltprogramm (Unep) geleitet hatte.
Die Folgen der Corona-Pandemien wirken sich nach seinen Worten auch in Entwicklungsländern unterschiedlich aus. So habe der indische Bundesstaat Kerala dank seiner Investitionen in das Gesundheitssystem erstaunlich gut mit der Krise umgehen können, ähnlich wie China, das in 30 Jahren fast 700 Millionen Menschen aus der Armut geholt habe. Doch vielerorts gebe es Arbeitslosigkeit, Pleiten, den Sturz von Regierungssystemen. "Viele Länder werden vielleicht Jahre, vielleicht sogar Jahrzehnte ihres Entwicklungsfortschritts verlieren", warnte er.
Steiner trat Vorwürfen entgegen, einzelne Staaten bestimmten den Kurs der UN-Organisationen. Was in den letzten Wochen an politischem Einfluss wie ein Schatten an die Wand gemalt worden sei - ob bezogen auf China, die USA oder andere Länder-, solle man nicht überbewerten, sagte er. Jedes Land habe bei den UN eine Stimme. Natürlich übten Regierungen Einfluss aus, je nachdem was sie bereit seien zu finanzieren.
China stelle ein Fünftel der Menschheit, engagiere sich in der Entwicklungszusammenarbeit und sei inzwischen der zweitgrößte Beitragszahler zum regulären Budget der Vereinten Nationen. Daher habe die Volksrepublik auch den Anspruch, mit eigenem Personal stärker mitzugestalten, sagte Steiner. Das müsse man nicht als illegitim betrachten. Darin spiegele sich eine neue geopolitische Welt mit einer größeren Rolle Chinas wider. Andere Staaten, nicht nur die USA, hätten die Vereinten Nationen dagegen in den letzten Jahren vernachlässigt. Das habe seinen Preis.
epd et