Berlin (epd). Für die jüdische Gemeinschaft ist das Ende des Zweiten Weltkriegs mit Dankbarkeit für die alliierten Soldaten verbunden, die als Befreier nach Deutschland kamen. "Der 8. Mai 1945 war nicht nur ein Tag der Befreiung, sondern auch ein Tag der Befreier", sagte der Präsident des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, am Mittwoch in Berlin. Weltweit wird in diesen Tagen an das Ende des Zweiten Weltkriegs erinnert, das mit der Befreiung vom Nationalsozialismus vor 75 Jahren durch die bedingungslose Kapitulation der Wehrmacht verbunden ist.
Für die jüdische Gemeinschaft stehe das Gedenken an die sechs Millionen ermordeten jüdischen Männer, Frauen und Kinder im Mittelpunkt. "Bis heute, in allen nachfolgenden Generationen, ist dieses unfassbare Verbrechen und der nie wieder gutzumachende Verlust in unseren Familien präsent und wird es immer sein. Die Schoa-Überlebenden müssen noch immer ihre unerträglichen Erinnerungen aushalten. Die Schoa gehört zur jüdischen Identität", sagte Schuster.
Zugleich müsse man Millionen von Opfern gedenken und sich die allumfassende Zerstörung in Erinnerung rufen. "Auf blutgetränktem Boden entstand aus verfeindeten Staaten ein vereintes Europa", sagte Schuster. Die gefestigte Demokratie in Deutschland sei keine Selbstverständlichkeit, sondern solle als Errungenschaft empfunden werden.
Mit Sorge beobachte die jüdische Gemeinschaft angesichts der schwindenden Zahl der Zeitzeugen eine wachsende Geschichtsvergessenheit und einen Unwillen in Deutschland, sich mit dem Nationalsozialismus auseinanderzusetzen, heißt es in der Mitteilung. Auch die eigene Familiengeschichte werde unter nicht-jüdischen Deutschen immer weniger reflektiert. In die Verbrechen der Nationalsozialisten, einschließlich der Wehrmacht, seien jedoch Millionen von Menschen involviert gewesen. "Wer bereit ist, sich diesen Fakten zu stellen, wird sich auch heute engagiert für den Schutz von Minderheiten und die demokratischen Rechte einsetzen", betonte Schuster.