Berlin (epd). Wirtschaftsforscher fordern zur Entlastung von erwerbstätigen Müttern und Vätern die Einführung einer Corona-Elternzeit, verbunden mit einem Corona-Elterngeld. Nach dem am Dienstag in Berlin vorgestellten Reformvorschlag des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW) sollten berufstätige Alleinerziehende sowie Familien, in denen beide Eltern gemeinsam mehr als 40 Stunden arbeiten, eine Reduzierung der individuellen Arbeitszeit beantragen können, um ihre Kinder zu betreuen.
Bei Paaren sollte die Leistung an die Bedingung geknüpft werden, dass beide Elternteile ihre Arbeitszeit reduzieren, hieß es weiter. "So könnte vermieden werden, dass bestehende Geschlechterungleichheiten bei der Aufteilung der Sorge- und Erwerbsarbeit im Zuge der Corona-Krise noch verschärft werden", sagte DIW-Forscherin Katharina Wrohlich.
Nach den Erkenntnissen des DIW erschwert die Corona-Krise die Vereinbarkeit von Beruf und Familie vor allem für Mütter. Die seit Wochen weitgehend geschlossenen Kitas und Schulen stellten in Deutschland mehr als vier Millionen Familien mit erwerbstätigen Eltern und Kindern im Alter von bis zu zwölf Jahren vor große Probleme. Wie eine aktuelle DIW-Studie zeigt, dürften von den Mehrbelastungen im Haushalt in erster Linie die Mütter betroffen sein.
"Wirklich produktives Arbeiten parallel zur Kinderbetreuung ist oftmals nicht möglich", sagte Studienautorin Claire Samtleben. Erschwerend komme hinzu, dass aufgrund der Kontaktbeschränkungen - und weil sie durch das Corona-Virus besonders gefährdet wären - Großeltern bei der Betreuung nicht wie gewohnt helfen können. In normalen Zeiten nehmen rund 30 Prozent der Haushalte mit Kindern im Alter von bis zwölf Jahren regelmäßig Betreuung durch Verwandte in Anspruch, unter den Alleinerziehenden sind es sogar 40 Prozent, wie das DIW weiter mitteilte.
Nach Einschätzung des DIW tragen den Hauptteil der zusätzlichen Last die Mütter. "Wenn in einer Familie jemand die Arbeitszeit reduzieren oder den Job zeitweise ganz aufgeben muss, um Zeit freizuschaufeln, dann dürften es am ehesten die Mütter sein", sagte Studienautorin Julia Schmieder, "denn sie sind oft teilzeitbeschäftigt und haben mehrheitlich ein geringeres Gehalt als ihre Partner." Die Gefahr eines gleichstellungspolitischen Rückschlags sei "daher sehr real".