Historikerin sieht große Nachfrage zu Erfahrungen der NS-Zeit

Historikerin sieht große Nachfrage zu Erfahrungen der NS-Zeit
02.05.2020
epd
epd-Gespräch: Lukas Philippi

Berlin (epd). Die neue Direktorin des Berliner Dokumentationszentrums Topographie des Terrors, Andrea Riedle, sieht auch 75 Jahre nach dem Ende des Nationalsozialismus weiter großen Aufklärungsbedarf. "Die Besucher kommen zu uns, weil sie Antworten auf die Fragen der Gegenwart haben wollen", sagte die Historikerin dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Themen wie Antisemitismus, Rassismus, Nationalismus und die Zerstörung der Demokratie sind heute leider wieder aktuell", fügte sie hinzu. Deshalb sei sie überzeugt, dass das Besucherinteresse anhalten werde.

Riedle steht seit Anfang des Jahres an der Spitze der Stiftung Topographie des Terrors. Die 47-jährige Historikerin ist Nachfolgerin von Andreas Nachama, der im Dezember 2019 in den Ruhestand gegangen war. Das Dokumentationszentrum am historischen Standort von SS-Reichsführung und Reichssicherheitshauptamt gehört mit rund 1,3 Millionen Besuchern jährlich zu den Publikumsmagneten in der Hauptstadt. Es widmet sich vor allem den Tätern in der NS-Zeit und informiert über Ideologie und Organisation der Verbrechen.

Wegen der Corona-Pandemie sind das Haus und das umfangreiche Außengelände derzeit geschlossen. Riedle plant, ab 11. Mai in einem ersten Schritt zunächst den Außenbereich mit der Open-Air-Ausstellung und dem Geländerundgang wieder zu öffnen.

Weiter kündigte sie an, das Angebot in leichter Sprache und für Menschen mit Beeinträchtigungen zu ergänzen: "Der Inklusionsgedanke ist noch nicht optimal umgesetzt", sagte Riedle. Dabei sei es für jeden Ausstellungsmacher eine Herausforderung, bei der Fülle an unterschiedlichen Sprachen und Besuchergruppen allen gerecht zu werden. Zudem solle verstärkt auf Visualisierungen, etwa mit Hilfe von Modellen und historischen Plänen, gesetzt werden.

Riedle plant weiter den Ausbau des digitalen Angebotes, dabei sollen Seh- und Hörgewohnheiten jüngerer Menschen stärker berücksichtigt werden. Zudem will sie bestehende Seminarangebote für Jugendliche weiterentwickeln. Durch die Corona-bedingte Schließung des Dokumentationszentrums habe sich der Ausbau des digitalen Angebotes beschleunigt, sagte Riedle. So steht seit kurzem auf der Internetseite der Topographie eine Kuratorenführung durch die Dauerausstellung abrufbereit, ebenso Vorträge zum Nachhören.

Weiter kündigte Riedle an, das weitläufige Gelände besser für Besucher zu erschließen. Sie erhofft sich davon auch eine Entzerrung der Besucherströme.