Berlin (epd). Der Bundestag hat Mitglieder für den neuen Deutschen Ethikrat gewählt - allerdings nicht vollständig. Elf der insgesamt 13 zuvor von den Fraktionen benannten Experten wurden am Donnerstag in Berlin einstimmig von allen Parteien akzeptiert, darunter der Philosoph und frühere Kulturstaatsminister Julian Nida-Rümelin, die evangelische Regionalbischöfin Petra Bahr aus Hannover und die katholische Moraltheologin Kerstin Schlögl-Flierl. Abgelehnt wurden zwei von der AfD vorgeschlagene Mediziner.
SPD, Linke, Grüne und einzelne Abgeordnete der Union stimmten gegen den Medizinhistoriker Axel W. Bauer, der von 2008 bis 2012 dem Ethikrat bereits einmal angehörte, und den Mediziner Helmut Hahn. FDP und die Mehrheit der Unionsabgeordneten enthielten sich bei der Abstimmung über die Vorschläge der AfD, denen nur diese Fraktion zustimmte.
Der bislang 26-köpfige Ethikrat, der Parlament und Regierung bei gesellschaftlichen, vor allem medizin- und bioethischen Fragen berät, fällt damit erst einmal kleiner als gesetzlich vorgesehen aus. Bundestagssprecher Frank Bergmann sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd), Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble (CDU) werde zunächst 24 Mitglieder berufen. Aus der Geschäftsstelle des Ethikrats hieß es, damit sei das Gremium handlungsfähig.
Dass vorgeschlagene Mitglieder nicht berufen wurden, gab es nach Angaben des Ethikrats bislang nicht. Die AfD, die seit 2017 im Bundestag vertreten ist, durfte erstmals Experten nominieren. Theoretisch könnten die nun zunächst fehlenden Mitglieder nachgewählt werden. Bei anderen Wahlen, unter anderem der zum Bundestagsvizepräsidenten, aber auch für andere Gremien stehen AfD-Vorschläge inzwischen wiederholt auf der Tagesordnung des Bundestags.
Der Bundestagspräsident beruft die vom Bundestag gewählten Mitglieder des Ethikrats sowie die von der Bundesregierung benannten Experten, die bislang noch nicht namentlich bekannt sind. Beide Organe benennen je zur Hälfte die Mitglieder des Gremiums.
Vom Bundestag neu in den Ethikrat gewählt wurden auch der Biochemiker Hans-Ulrich Demuth, die Juristen Helmut Frister und Stephan Rixen sowie die Pflegeexpertin Annette Riedel. Der Jurist Steffen Augsberg, die Biologin Sigrid Graumann, der Gerontologie-Experte Andreas Kruse und der Theologe Andreas Lob-Hüdepohl wurden für eine weitere Amtszeit bestätigt.
Der Ethikrat erarbeitet nach eigenen Schwerpunkten oder auf Bitten von Regierung oder Parlament Stellungnahmen zu umstrittenen Themen. Zuletzt veröffentlichte das interdisziplinäre Gremium ein Papier zu den Einschränkungen wegen der Corona-Pandemie und zur befürchteten sogenannten Triage, der Auswahl von Patienten bei nicht ausreichenden Behandlungsressourcen.
Die Amtszeit des Ethikrats beträgt vier Jahre. Die Legislaturperiode des vorangegangenen Ethikrats war am 10. April ausgelaufen. Die Berufung des neuen Gremiums hatte sich verzögert, weil der Bundestag Ende März wegen der Corona-Pandemie nur eingeschränkt und mit verkürzter Tagesordnung zusammengekommen war, so dass die Wahl aufgeschoben wurde.
Mitglieder können dem Gremium für maximal zwei Amtszeiten angehören. Der bisherige Vorsitzende des Ethikrats, Peter Dabrock, war nach acht Jahren ausgeschieden. Damit muss der Expertenrat für diese Amtszeit auch diese Position neu bestimmen. Die konstituierende Sitzung ist für den 28. Mai geplant, wegen der Corona-Pandemie voraussichtlich aber nicht als physisches Treffen.