Berlin (epd). Die große Mehrheit der Menschen in Deutschland fürchtet einen einsamen Tod. 73 Prozent wünschen sich, im Kreis ihrer Liebsten zu sterben, wie eine am Donnerstag veröffentlichte Studie des Berlin-Instituts für Bevölkerung und Entwicklung ergab. Gleichzeitig seien ebensoviele der Meinung, dass in Deutschland viele Menschen einsam aus dem Leben scheiden und niemanden haben, der sich dabei um sie kümmert. 74 Prozent seien der Auffassung, in Heimen und Kliniken habe das Personal wenig Zeit, sich liebevoll um Sterbende zu kümmern.
Studienautor Adrián Carrasco Heiermann erklärte, es gebe ein "Idealbild vom Sterben". Die Menschen wünschten sich gut versorgt, schmerzfrei, selbstbestimmt, sozial eingebunden und nahe am Gewohnten zu sterben. Dazu müsse unter anderem die ambulante palliativmedizinische Versorgung ausgebaut werde, forderte er. Gerade Menschen, die in kleineren Ortschaften lebten, hätten den Eindruck, die Versorgung reiche nicht aus.
Viele Befragte kritisierten zudem eine insgesamt geringe Zahl an Hospizen oder die gängige Praxis, Sterbende noch ins Krankenhaus zu bringen, fügte Heiermann hinzu. Zwar steige die Zahl an Medizinern und Pflegekräften mit palliativer Zusatzausbildung seit langem, doch nach wie vor fehle es vielerorts an spezialisiertem Wissen, wie es etwa Hospize bereithalten. Institutionen, die sich um ältere Menschen kümmern, sollten daher ihre Beschäftigten vermehrt im Umgang mit Sterbenden fortbilden.
Mitautorin Tanja Kiziak erläuterte, die meisten Menschen stürben heutzutage in einem hohen Alter. "So werden mehr als die Hälfte der Frauen 85 Jahre und älter." In der alternden Gesellschaft steige damit Zahl der jährlichen Todesfälle. Zugleich seien die Familien kleiner geworden, es gebe mehr Kinderlose. Deshalb werde die Sterbebegleitung von einer familiären zu einer gesellschaftlichen Aufgabe.
Die Studie wurde vor Ausbruch der Corona-Epidemie in Deutschland vom Berlin-Institut in Zusammenarbeit mit der Körber-Stiftung und der Software-AG-Stiftung erstellt. Die aktuelle Entwicklung habe die Relevanz der Studie verstärkt, sagte Doris Kreinhöfer von der Körber-Stiftung. Der Fokus der Öffentlichkeit richte sich derzeit sehr auf das das einsame Sterben, da in den Pflegeheimen Kontaktsperren herrschten. Für die Studie befragte das Institut für Demoskopie Allensbach im vergangenen November 1.298 Menschen.