Berlin (epd). Anders als der Deutsche Ethikrat sieht die Konrad-Adenauer-Stiftung den Gesetzgeber bei der Definition von Maßstäben bei der sogenannten Triage, der Auswahl von Patienten bei knappen Behandlungsressourcen, in der Pflicht. "Der Gesetzgeber kann die Tragik der Triage nicht beseitigen", heißt es in einem am Mittwoch veröffentlichten Papier der CDU-nahen Stiftung in Berlin. Er könne sie aber erträglicher machen, indem er Vorgaben zur Einhaltung fundamentaler Rechtsprinzipien bei der Patientenauswahl formuliere, heißt es darin weiter.
Konkret schlägt die Rechtsexpertin der Stiftung, Katja Gelinsky, einen Negativkatalog vor, also eine Klarstellung, welche Kriterien Patienten gerade nicht begünstigen oder benachteiligen sollen. So sollte der Gesetzgeber eine Patientenauswahl anhand des Lebensalters und der Zahl der noch verbleibenden Lebensjahre für unzulässig erklären, schreibt Gelinsky. Dies stünde in eklatantem Widerspruch zur Grundrechtsordnung. Die Würde des Menschen sei unabhängig von der Lebensphase zu achten. "Dies sollte der Gesetzgeber in einem Triage-Gesetz klarstellen", heißt es im Papier.
Die Stiftung sieht sich damit auch nicht zwangsläufig im Widerspruch zum Ethikrat, der staatliche Kriterien für die Triage wegen eines in seinen Augen geltenden Verbots einer staatlichen Bewertung in diesem Punkt ablehnt. "Gemeint ist aber, dass der Staat keine positiven Vorgaben zur Patientenauswahl machen dürfe", heißt es im Papier: "Formuliert der Gesetzgeber Kriterien des Nichtzulässigen, stellt er explizit Bewertungsverbote auf."
Skeptisch äußert sich das Papier zu einer Auswahl nach dem Losprinzip oder einer schlichten Behandlung nach Ankunft in der Klinik. Es könnte der Eindruck entstehen, der Gesetzgeber versäume es, normative Orientierung für die Bewältigung existenzieller Konfliktlagen zu geben, heißt es im Papier. Auch einen Vorzug für systemrelevante Berufe wie Pfleger und Ärztinnen lehnt Gelinsky ab, weil sie eine Überforderung des Gesetzgebers bei der Definition der konkreten Gruppen befürchtet.
Gelinsky hatte bereits vor rund zwei Wochen eine Diskussion über die Rolle des Gesetzgebers bei der Triage angemahnt. "Der Regelungsfähigkeit des Gesetzgebers von vornherein zu misstrauen, wäre in der parlamentarischen Demokratie ein fragwürdiges Signal", schrieb sie.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) hat sich bislang der Auffassung des Ethikrats angeschlossen, wonach die Kriterien für eine Patientenauswahl nicht vom Staat, sondern von medizinischen Fachgesellschaften aufgestellt werden sollten. Solche Empfehlungen liegen nun vor, werden aber auch kontrovers diskutiert, weil sie vor allem eine Behandlung nach Erfolgsaussicht und Gebrechlichkeit vorschlagen.