Düsseldorf (epd). Die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung hat angesichts der Corona-Krise vor einer Verschärfung von Ungleichheiten am deutschen Arbeitsmarkt gewarnt. Die Lücke werde größer sowohl zwischen Präsenz-Jobs und Berufen, in denen mobile Arbeit möglich ist, als auch zwischen den Geschlechtern, erklärte die Stiftung am Dienstag in Düsseldorf. Laut einer Online-Befragung im Auftrag der Stiftung sind Beschäftigte mit niedrigeren Einkommen und Frauen besonders belastet. Zudem geben 40 Prozent der Befragten in Kurzarbeit und ohne Aufstockung durch ihren Arbeitgeber an, mit dem Geld maximal drei Monate über die Runden zu kommen. Für die repräsentative Umfrage von Kantar Deutschland wurden den Angaben zufolge zwischen dem 3. und dem 14. April 7.677 Erwerbstätige befragt.
"Bestimmte gesellschaftliche Gruppen sind vor den Auswirkungen der Krise schlechter geschützt als andere", erklärte Bettina Kohlrausch, designierte Wissenschaftliche Direktorin des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung. "Das kann langfristig negative Auswirkungen auf den sozialen Zusammenhalt in der Gesellschaft haben." Laut Umfrage äußerten 74 Prozent der Erwerbstätigen Sorgen um den sozialen Zusammenhalt in Deutschland. 70 Prozent sorgen sich um ihre eigene wirtschaftliche Situation.
Jeder Dritte (32 Prozent) schätzt - unabhängig von seiner persönlichen Jobsituation -, mit Kurzarbeitergeld ohne Aufstockung höchstens drei Monate auskommen zu können. Unter den Befragten in Kurzarbeit ist dieser Wert mit 40 Prozent noch höher. Insgesamt gaben 14 Prozent der Befragten an, momentan in Kurzarbeit zu sein. Werde dieser Wert hochgerechnet, entspreche das etwa vier Millionen Beschäftigten, die deutschlandweit in Kurzarbeit seien, erklärte die Stiftung.
Häufiger von Kurzarbeit betroffen sind laut der Befragung Menschen mit niedrigerem Einkommen. Während jeder Dritte (32 Prozent) vom Arbeitgeber eine Aufstockung erhält, ist das bei der Hälfte (52 Prozent) nicht der Fall. Frauen erhalten demnach seltener eine Aufstockung als Männer.
Frauen (24 Prozent) reduzieren der Umfrage zufolge zudem häufiger als Männer (16 Prozent) ihre Arbeitszeit auf andere Weise, etwa durch eine Freistellung oder krisenbedingten Urlaub. In Haushalten mit Kindern übernehmen die Frauen außerdem überwiegend den größten Teil der Betreuung.