Bündnis fordert krisenfestere Lebensmittelversorgung

Bündnis fordert krisenfestere Lebensmittelversorgung
Welthungerhilfe: Corona verschärft Hunger
Die Landwirtschaft und Versorgung mit Lebensmitteln muss nach Einschätzung eines Bündnisses krisenfester werden. Es gelte, regionale Märkte zu stärken. Die Welthungerhilfe befürchtet eine Zunahme von Hunger, vor allem in Afrika und Asien.

Aachen, Bonn (epd). Mit Blick auf die Anfälligkeit des weltmarktorientierten Ernährungssystems fordern Dutzende Organisationen die Bundesregierung auf, die Lebensmittelversorgung und die Landwirtschaft gegen Krisen zu stärken. Die Corona-Pandemie zeige nun ebenso wie klimabedingte Wetterextreme oder das Artensterben, wie verletzlich das System sei, erklärte das Bündnis von 54 Organisationen aus Landwirtschaft, Umwelt und Entwicklung bei der Vorstellung eines Bilanzpapiers am Donnerstag. Die Welthungerhilfe warnte zudem vor einer Verschärfung von Hungerkrisen.

Die Ausbreitung des Coronavirus in armen Ländern Afrikas und Asiens sei nicht nur eine Gefahr für die Gesundheit, erklärte die Welthungerhilfe. Die in der Folge verhängten Maßnahmen verschlimmerten die schwierige Ernährungslage, sagte Generalsekretär Mathias Mogge. "Sie werden die globale Hungersituation verschärfen und viele Existenzen vernichten." Die Organisation stelle deshalb kurzfristig 500.000 Euro zur Verfügung, um die Ausbreitung des Virus einzudämmen. Das Geld soll unter anderem helfen, über Hygienemaßnahmen zu informieren und Nahrungsmittel für bedürftige Menschen in Quarantäne bereitstellen.

Dem Bilanzpapier zufolge gibt es zwar erste positive Schritte des Bundestags und des Bundesentwicklungsministeriums, doch eine grundlegende Neuorientierung bei Agrar, Klima und Bioökonomie steht weiter aus. An der Zwölf-Monats-Bilanz waren unter anderem "Brot für die Welt", das katholische Hilfswerk Misereor mit Sitz in Aachen, der Bund für Umwelt und Naturschutz und zahlreiche Organisationen und Verbände aus der bäuerlichen Landwirtschaft, dem Ökolandbau und dem Lebensmittelhandwerk beteiligt.

"Pandemien wie Covid-19, verheerende Tierseuchen oder die Klimakrise offenbaren, wie krisenanfällig globale Wertschöpfungsketten und die exportorientierte Landwirtschaft sind", sagte Lena Bassermann, Referentin für globale Landwirtschaft der Entwicklungsorganisation Inkota. Die globalen Krisen zeigten zugleich, wie wichtig starke regionale Märkte seien. Dazu müssten die Landwirtschaft, lokale und regionale Vermarktungsnetzwerke und Stadt-Land-Verbindungen weltweit gefördert werden.

Marita Wiggerthale, Agrarexpertin der Entwicklungs- und Nothilfeorganisation Oxfam, bekräftigte, nur mit ganzheitlichen Ansätzen wie der Agrarökologie könnten die globalen Nachhaltigkeitsziele erreicht und der Hunger rund um den Globus beendet werden. Das Bündnis ruft daher die Bundesregierung auf, einen Fahrplan zur Ausweitung solcher Ansätze aufzustellen. Außerdem wird ein Beschluss zur stufenweisen Abschaffung von chemisch-synthetischen Düngemitteln und Pestiziden in landwirtschaftlichen Entwicklungsprojekten gefordert.

Elisabeth Waizenegger vom Bundesvorstand der Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft mit Sitz in Hamm betonte, auch die Landwirtschaft in Europa und Deutschland würde von Agrarökologie profitieren. "Die Bundesregierung sollte sich für eine EU-Agrarpolitik einsetzen, die klimaverträglichen Ackerbau, Insektenschutz und viele und vielfältige Betriebe fördert", sagte sie.