Genf, Addis Abeba (epd). Die für 29. August geplante Parlamentswahl in Äthiopien ist wegen der Corona-Pandemie verschoben worden. Ein neuer Termin werde nach dem Ende der Krise bekanntgegeben, kündigte die Vorsitzende der Wahlkommission, Birtukan Mideska, am Dienstagabend in der Hauptstadt Addis Abeba an. Die ab April vorgesehene Wählerregistrierung und der ab Mai geplante Wahlkampf ließen sich nicht mit den Vorsichtsmaßnahmen gegen das Virus vereinbaren, sagte die frühere Oppositionspolitikerin der Zeitung "Addis Standard" (Mittwoch) zur Begründung.
Nach Angaben des Gesundheitsministeriums waren bis Mittwoch 29 Äthiopier positiv auf das Virus getestet. Zwei seien genesen, zwei würden intensivmedizinisch behandelt. Trotz der geringen Fallzahlen haben die Behörden drastische Maßnahmen gegen die Ausbreitung verhängt. Die Grenzen sind geschlossen, alle internationalen Passagierflüge gestrichen. Im Bundesstaat Tigray sind Reisen untersagt, Cafés und Gaststätten geschlossen. In mehreren Regionen, darunter den bevölkerungsreichen Provinzen Oromia und Amhara, ist der öffentliche Verkehr eingestellt.
Die anstehende Parlamentswahl gilt weithin als erste freie Wahl in Äthiopien seit Jahrzehnten. Die Abstimmung ist zudem der erste Test für Ministerpräsident Abiy Ahmed an der Urne. Der im vergangenen Jahr mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnete Abiy war im März 2018 von der Regierungspartei EPRDF zum Nachfolger von Hailemariam Desalegn gekürt worden. Er leitete eine politische Öffnung ein und schloss Frieden mit Eritrea. Trotz allgemein großer Beliebtheit kann er seiner Wiederwahl aber nicht sicher sein. Mehrere Regionalparteien haben Abiy ihre Gefolgschaft aufgekündigt.