Karlsruhe (epd). Gefängnisverwaltungen müssen Häftlinge bei der Vermittlung von ehrenamtlichen Besuchern gleichbehandeln. Rügt ein Gefangener, dass er bei der Zuteilung von ehrenamtlichen Besuchern übergangen wird, müssen Gerichte dem Vorwurf nachgehen, forderte das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe in einem am Freitag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 2 BvR 1719/19)
Im Rahmen der Straffälligenhilfe ermöglichen die Länder, dass Häftlinge von ehrenamtlichen Personen in Form von Besuchen unterstützt werden können. Insbesondere Gefangene mit wenigen Sozialkontakten profitieren von den Gesprächen mit den ehrenamtlichen Besuchern. Der regelmäßige Kontakt soll die Resozialisierung des Gefangenen fördern.
Im entschiedenen Fall ging es um einen Häftling, der seine neuneinhalbjährige Haftstrafe in der Justizvollzugsanstalt (JVA) Straubing verbüßt. Am 27. Februar 2021 soll er aus der Haft entlassen werden. Der Mann verfügt über nur wenige Sozialkontakte. Seit Jahren beantragte er bei der JVA ohne Erfolg die Vermittlung eines ehrenamtlichen Besuchers.
Er könne nur alle zwei Monate mit seinen Eltern telefonieren, sonst bleibe nur der schriftliche Kontakt zu Freunden. Er benötige die Gespräche mit einem Besucher. Die JVA erklärte ihm jedes Mal, dass "im Moment kein ehrenamtlicher Besucher" frei sei.
Der Mann sah sein Grundrecht auf Gleichbehandlung verletzt. Andere Gefangenen, die nach ihm inhaftiert worden seien, seien ehrenamtliche Besucher vermittelt worden. Er habe aber ein Recht auf Resozialisierung.
Das Landgericht Regensburg wies den Gefangenen ab. Der Antrag sei gerichtlich nicht überprüfbar, da dieser ja nicht abgelehnt worden sei. Er müsse sich mit der Warteliste und der Auswahl einer geeigneten Person zufriedengeben.
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Häftling bei der Vermittlung von ehrenamtlichen Besuchern Anspruch auf Gleichbehandlung hat. Bringe ein Gefangener konkrete Hinweise vor, dass er in diesem Grundrecht verletzt werde, müssen Gerichte dem im Rahmen ihrer Amtsermittlungspflicht nachgehen. Das Landgericht muss nun neu über den Fall entscheiden.