Dubai, Doha (epd). Die USA und die aufständischen Taliban in Afghanistan haben ein historisches Friedensabkommen geschlossen. Der über Monate hinweg ausgearbeitete Vertrag wurde am Samstag bei einer Zeremonie in Doha (Katar) von US-Verhandlungsführer Zalmay Khalilzad und dem Taliban-Chefunterhändler Abdul Ghani Baradar unterzeichnet. Das Abkommen sieht unter anderem einen vollständigen Abzug der US-Truppen vom Hindukusch innerhalb von 14 Monaten vor, wie US-Medien berichteten. Kritik an dem Übereinkommen kam vom afghanischen Präsidenten Aschraf Ghani.
Mit dem Vertrag soll der fast 20-jährige Konflikt in Afghanistan beigelegt werden. Ein Sprecher der Taliban sprach von einem "historischen Tag für Afghanistan" und erklärte, die USA hätten auch die Freilassung von 5.000 Taliban-Gefangenen garantiert. Mit dem Abkommen erhalten die Taliban erstmals internationale Anerkennung.
US-Präsident Donald Trump kündigte nach der Vertragsunterzeichnung eine baldige Begegnung mit Anführern der Aufständischen an. "Ich werde die Taliban-Führer persönlich in absehbarer Zeit treffen", sagte Trump. Zum vorgesehenen Abzug der US-Soldaten erklärte er: "Es ist Zeit, nach all diesen Jahren unsere Leute nach Haus zu holen."
Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) bezeichnete die jüngste Entwicklung am Hindukusch als "Hoffnungszeichen". "Jetzt ist entscheidend, dass die Taliban die Gewalt weiter reduzieren", erklärte er in Berlin. Alle Akteure müssten ihren Verpflichtungen nachkommen.
Bedingung für die Unterzeichnung des Abkommens war eine "Verringerung der Gewalt" in einem Zeitraum von sieben Tagen. Dieser ging am Samstag zu Ende. Zwar gab es während dieser Testwoche weiter Anschläge und Kämpfe, bei denen mindestens 21 Soldaten und neun Zivilisten starben. Doch beide Konfliktparteien spielten diese Vorfälle herunter.
Nun soll ein schrittweiser Abzug der US-Truppen aus Afghanistan erfolgen. Die Anzahl der amerikanischen Soldaten soll sich innerhalb von 135 Tagen von momentan 13.000 auf 8.600 verringern. Der vollständige Abzug binnen 14 Monaten hängt davon ab, inwieweit die Taliban ihrerseits ihre Versprechen erfüllen.
Die Aufständischen haben sich verpflichtet, internationalen Terrorgruppen wie Al Kaida keinen Schutz zu bieten. Die Taliban sollen zudem innerhalb von 15 Tagen nach der Unterzeichnung innerafghanische Verhandlungen über die politische Zukunft des Landes beginnen. Möglicher Verhandlungsort ist Deutschland.
Die Bundesregierung sei bereit, den anstehenden innerafghanischen Friedensprozess maßgeblich zu unterstützen, erklärte Bundesaußenminister Maas. "Für uns ist wichtig, dass in Verhandlungen auf dem aufgebaut wird, was Afghanistan in den vergangenen Jahren im Bereich der Menschenrechte und der Rechtsstaatlichkeit erreicht hat", sagte er. Einen Rückfall in eine totalitäre Alleinherrschaft der Taliban zulasten einer ganzen Generation junger Frauen und Männer dürfe es nicht geben.
In Kabul bestritt Präsident Aschraf Ghani, dass Kabul eine Verpflichtung habe, 5.000 Taliban-Gefangene freizulassen. Ghani kritisierte den Deal: "Ein Abkommen, das hinter verschlossenen Türen unterschrieben wurde, wird bei der Erfüllung auf wesentliche Probleme stoßen". Die Regierung in Kabul war an den Verhandlungen nicht beteiligt. Der gerade wiedergewählte Ghani und sein Rivale Abdulllah Abdullah streiten derzeit um die Macht in Afghanistan und haben beide eigene Regierungsstäbe berufen. Das politische Chaos in Kabul könnte die innerafghanischen Verhandlungen erschweren.