Dresden (epd). Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat in seiner Gedenkrede zum 75. Jahrestag der Bombardierung Dresdens vor einer Aushöhlung des Rechtsstaates und der Demokratie gewarnt. Die Angriffe der Alliierten im Februar 1945 und die Zerstörung der Stadt erinnerten immer auch an "nationalistische Selbstüberhebung und Menschenverachtung, an Antisemitismus und Rassenwahn", sagte Steinmeier am Donnerstag in Dresden. "Und ich befürchte, diese Gefahren sind bis heute nicht gebannt", fügte er hinzu.
Vor rund 1.600 geladenen Gästen bei der Gedenkveranstaltung im Dresdner Kulturpalast appellierte er: "Wir alle müssen Hass und Hetze zurückweisen, Beleidigungen widersprechen, Vorurteilen entgegentreten." Auch das sei eine Lehre aus dem "deutschen Irrweg", der zur Zerstörung Dresdens geführt habe.
Zugleich verurteilte der Bundespräsident den anhaltenden Missbrauch des Gedenkens. "Wer heute noch die Toten von Dresden gegen die Toten von Auschwitz aufrechnet, wer versucht, deutsches Unrecht kleinzureden, wer wider besseres Wissen historische Fakten verfälscht, dem müssen wir als Demokratinnen und Demokraten die Stirn bieten", betonte Steinmeier.
Dresden erinnerte am Donnerstag mit zahlreichen Veranstaltungen an die Zerstörung der Stadt vor 75 Jahren und an die Opfer des Zweiten Weltkrieges. Bei Bombenangriffen der Alliierten zwischen dem 13. und 15. Februar 1945 starben rund 25.000 Menschen. Nahezu die gesamte Innenstadt wurde zerstört.
Auch Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) rief dazu auf, für ein friedliches Zusammenleben und gegen Spaltung, Gewalt und Ausgrenzung einzustehen. "Wir alle tragen Verantwortung für unsere Demokratie und ein friedliches Miteinander", betonte er. Kretschmer wandte sich zugleich gegen "jegliche Versuche, den Tag des Gedenkens und die Trauer um die Toten für ideologische Zwecke zu missbrauchen". Unter den Gästen der Gedenkfeier waren auch der britische Herzog von Kent sowie Vertreter aus mehreren Partnerstädten Dresdens.
Am Abend wollte sich Steinmeier auf dem Neumarkt vor der Frauenkirche in die Menschenkette für Frieden und Toleranz einreihen. An der Aktion beteiligen sich jedes Jahr Tausende Dresdner und ihre Gäste. Hand in Hand umschließen sie symbolisch die Altstadt.
Mehrere Veranstaltungen auf Dresdner Friedhöfen erinnerten an die Opfer des Zweiten Weltkrieges. Auf dem städtischen Heidefriedhof wurden über den Tag hinweg die Namen von knapp 4.000 Opfern der Bombenangriffe auf Dresden vor 75 Jahren gelesen.
Zu einem stillen Gedenken hatte die Fördergesellschaft der Dresdner Frauenkirche eingeladen. Auf dem Platz vor der wiederaufgebauten Kirche wurden Kerzen angezündet. Jedes Jahr läuten um 21.45 Uhr, zum Zeitpunkt des ersten Alarms vor den Angriffen, die Kirchenglocken der Stadt.
Für Donnerstagabend hatte die AfD eine Kranzniederlegung auf dem Dresdner Altmarkt angemeldet - in unmittelbarer Nähe des Ortes, wo im Februar 1945 die Leichen der Opfer verbrannt worden waren. Heute erinnert dort ein Gedenkstein daran. Vorwiegend linke Gruppen hatten Protest gegen die AfD-Veranstaltung angekündigt.