Karlsruhe (epd). Droht homosexuellen Flüchtlingen in ihrem Heimatland Verfolgung, dürfen Behörden und Gerichte einen Asyl-Folgeantrag nicht ohne nähere Prüfung ablehnen. Sie müssen einer möglichen Verfolgung genauer auf den Grund gehen, entschied das Bundesverfassungsgericht in einem am Montag veröffentlichten Beschluss. (AZ: 2 BvR 1600/19)
Im konkreten Rechtsstreit ging es um einen jungen Mann aus Pakistan, der 2015 als Jugendlicher mit seinem Vater nach Deutschland kam. Als der Asylantrag des Vaters abgelehnt wurde, reiste dieser kurz vor seiner Abschiebung nach Griechenland aus. Der Jugendliche kam in die Obhut des Jugendamtes.
Mit Eintritt der Volljährigkeit stellte der Flüchtling einen Asyl-Folgeantrag und verwies darauf, dass ihm in Pakistan wegen seiner Homosexualität Verfolgung drohe. Gleichgeschlechtliche Menschen würden dort gemieden und teilweise sogar umgebracht. In Deutschland lebe er seine Homosexualität, derzeit habe er eine Liebesbeziehung zu einem Mann.
Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) wies den Folgeantrag als unzulässig ab. Das Verwaltungsgericht Cottbus schloss sich dem an und versagte einstweiligen Rechtsschutz. Gründe für ein erneutes Asylverfahren lägen nicht vor. Denn es fehle an einer ausreichend "beachtlichen Verfolgungswahrscheinlichkeit".
Das Bundesverfassungsgericht entschied, dass der Asyl-Folgeantrag nicht einfach mit solch einem pauschalen Hinweis als unzulässig eingestuft werden dürfe. Der Einwand, dass homosexuelle Menschen in Pakistan keine asylrelevante Verfolgung drohe, würden in jüngerer Zeit zahlreiche Gerichte anders sehen. Auch höchstrichterlich sei diese Frage nicht entschieden. Unter diesen Umständen hätten weder das Bundesamt noch das Verwaltungsgericht den Folgeantrag als unzulässig ablehnen dürfen, sondern hätten der möglichen Verfolgung genauer auf den Grund gehen müssen.