Klein: Jüdisches Leben in Deutschland erhalten
Klein: Jüdisches Leben in Deutschland erhalten
Klein: Jüdisches Leben in Deutschland erhalten
Berlin (epd). Der frühere israelische Botschafter in Deutschland, Avi Primor, sieht keinen wachsenden Antisemitismus in Deutschland. Die Judenfeindlichkeit werde zwar oft von Zuwanderern aus dem Nahen Osten geschürt. Die meisten Deutschen seien aber keine Antisemiten, sagte Primor am Samstag im RBB-Inforadio. Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, zeigte sich unterdessen zuversichtlich, dass der Antisemitismus überwunden werden könne. Der Direktor des Jüdischen Museums im österreichischen Hohenems, Hanno Loewy, beklagte, dass Judenfeindlichkeit aus der Mitte der Gesellschaft nicht ernst genommen werde.
"Der Antisemitismus in Deutschland und Europa hat in den letzten Jahren nicht zugenommen", sagte Primor. Dennoch gebe es einen konstanten Bodensatz von Antisemiten. "Diese Menschen, die früher geschwiegen haben, trauen sich jetzt wieder, ihre Ansichten zu verbreiten, weil Israel wegen der Besetzung der palästinensischen Gebiete an Ansehen eingebüßt hat", sagte der 84-Jährige.
Der Antisemitismusbeauftragte der Bundesregierung, Klein, will alles tun, um jüdisches Leben in Deutschland zu erhalten. "Es ist nicht nur im Interesse der jüdischen Gemeinschaft, sondern im Interesse von uns allen. Das ist Teil unserer deutschen kulturellen Identität", sagte er im "Interview der Woche" des Deutschlandfunks, das am Sonntag ausgestrahlt werden sollte. Unter Jüdinnen und Juden im Lande gebe es eine "große Bereitschaft zu bleiben". Diese ließen sich vom wachsenden Judenhass nicht einschüchtern.
Klein zeigte sich zuversichtlich, dass der Antisemitismus überwunden werden könne. Bei der Überwindung konfessioneller Vorurteile sei dies auch gelungen. Es sei eine "absolute Erfolgsgeschichte", dass die jüdischen Gemeinden in Deutschland heute wieder so stark geworden seien, sagte der Antisemitismusbeauftragte.
Zugleich nannte Klein den Anschlag auf die Synagoge in Halle vom 9. Oktober einen "Einschnitt". Die antisemitische Bedrohung könne nun von niemanden in Deutschland mehr verneint werden. Der rechtsextremistische Terror sei in den vergangenen Jahren "absolut unterschätzt" worden. Man müsse nun eine gute Kombination aus "repressiven und präventiven Maßnahmen" gegen den Judenhass finden.
Der Direktor des Jüdischen Museums im österreichischen Hohenems, Hanno Loewy, sagte dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Ich bezweifle, dass man die Judenfeindlichkeit, die aus der Mitte der Gesellschaft kommt, überhaupt ernst nimmt." Der Mainstream-Diskurs versuche stattdessen, den Antisemitismus an die muslimischen Einwanderer zu delegieren, führte der Gründungsdirektor des Frankfurter Fritz-Bauer-Instituts aus.
Die Antisemitismusbeauftragte des Landes Nordrhein-Westfalen, Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, forderte eine intensive Auseinandersetzung mit den verschiedenen Formen von Antisemitismus. Den "von manchen ersehnten Schlussstrich" dürfe es nicht geben, sagte sie am Freitagabend in Schwerte bei einer Tagung aus Anlass des 75. Jahrestages der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz.
"Noch so viele Polizeibeamte, Richter und Staatsanwälte werden Judenfeindschaft vermischt mit israelischer Politikkritik und Rassismus nicht aus den Köpfen bringen", sagte die frühere Bundesjustizministerin (FDP). Sie forderte die Bekämpfung von Judenfeindlichkeit auch in Behörden durch die Einsetzung eigener Beauftragter.
epd lob/lmw/lwd jup