Frankfurt a.M. (epd). Kirchenvertreter haben die Bedeutung des Holocaust-Gedenkens für den Erhalt der Demokratie betont. Erinnerungsarbeit habe nicht nur einen Anspruch des Gedenkens, sondern der Aufklärung, sagte der Mainzer Bischof Peter Kohlgraf am Freitag laut Mitteilung der katholischen Friedensbewegung Pax Christi. Kohlgraf ist Präsident der deutschen Sektion der internationalen Organisation. Um der Zukunft willen sei diese Erinnerungsarbeit notwendig, gerade weil sich ein gewisser gesellschaftspolitischer Konsens in dieser Frage aufzulösen drohe und von den seinerzeit Beteiligten - Opfern und Tätern - nur noch wenige lebten. Am 27. Januar wird international der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz vor 75 Jahren gedacht.
Erinnerungsarbeit sei wichtig, um sich denen entgegenzustellen, die öffentlich einen Geschichtsrevisionismus artikulierten und die Bedeutung des Erinnerns an die Verbrechen des Nationalsozialismus verhöhnten. Kohlgraf warnte vor einer Zunahme von Rassismus, Antisemitismus und anderen Formen gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit, vor einer verbreiteten Abwehr gegenüber Menschen in Not, der Aufweichung des Rechts auf Asyl und eine mit all dem einhergehende Abwertung der Demokratie. "Noch bedrohen Rechte und Rassisten vor allem Einzelpersonen, auch mit unmittelbarer Gewalt. Doch gemeint sind wir alle, die für eine offene und freie Gesellschaft eintreten", sagte er.
Der rheinische Präses Manfred Rekwoski sieht es als Pflicht der Kirche, auf antisemitische Tendenzen und Gefahren aufmerksam zu machen. "Des Vergangenen gedenken heißt zugleich, der Wahrheit ins Auge zu sehen", sagte der oberste Theologe der Evangelischen Kirche im Rheinland am Freitag in Düsseldorf. Dazu gehöre eine reale Bedrohung für Juden durch einen "tief verwurzelten Antisemitismus" in Deutschland.
Beim Gedenken gehe es auch darum, "uns und zukünftige Generationen vor erneuten antisemitisch und rassistisch motivierten Verbrechen zu bewahren", hieß es in einer Erklärung der Lippischen Landeskirche am Freitag in Detmold. "Die aktuelle Zunahme hassvergifteter Haltungen, ausgrenzender Worte und gewalttätiger Anschläge macht die Erinnerung an das Grauen notwendiger denn je." Der Mord an dem Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke und der Anschlag auf die Synagoge in Halle (Saale) hätten vor Augen geführt, wie hoch die Gefahr rassistisch und antisemitisch motivierter Gewalt in der Gesellschaft sei.
Auch die Kirche habe Schuld auf sich geladen mit Jahrhunderten christlich legitimierter Judenfeindschaft, betonte die Lippische Landeskirche. Gerade auch deshalb sehe sie sich in einer besonderen Verantwortung.