Davos/Genf (epd). Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat von der Weltgemeinschaft deutlich mehr Zusammenarbeit und Engagement im Kampf gegen den Klimawandel gefordert. Jedes Land müsse seinen Beitrag dazu leisten, verlangte Merkel am Donnerstag beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos.
Es könne um eine "Frage des Überlebens" gehen, betonte die Kanzlerin vor Hunderten internationalen Führungspersönlichkeiten aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft. "Die Zeit drängt", sagte Merkel. Der Preis des Nichthandelns sei sehr viel höher als der Preis des Handelns. Damit setzte sich die deutsche Regierungschefin klar von US-Präsident Donald Trump ab. Trump hatte in seiner Rede vor dem Weltwirtschaftsforum deutlich gemacht, dass er dem internationalen Klimaschutz nichts abgewinnen kann.
Merkel legte dar, dass die bisherigen Verpflichtungen der Staaten zum Klimaschutz nicht ausreichten. Damit könne der Temperaturanstieg nicht wie im Pariser Klimaabkommen vereinbart, auf 1,5 Grad Celsius im Vergleich zum vorindustriellen Zeitalter beschränkt werden.
Merkel zeigte Verständnis für die "Ungeduld der Jugend" in der Klimadebatte. Die Jugend müsse in die Anstrengungen für eine nachhaltigere Welt eingebunden werden. Zugleich wies sie auf die vielen Skeptiker auch in Deutschland hin, die den Klimawandel als nicht erwiesen betrachteten. Die Unversöhnlichkeit der verschiedenen Lager in der Klimadebatte bereite ihr Sorgen. Es gelte, die Emotionen mit den Fakten zu versöhnen.
Damit die EU-Länder bis zur Mitte des Jahrhunderts klimaneutral werden, müssten Wirtschaft und Gesellschaft Umstellungen von gigantischen Ausmaßen bewältigten, sagte die CDU-Politikerin, die zu den Stammgästen des Weltwirtschaftsforums zählt. Merkel machte klar, dass die Industrieländer im Klimaschutz eine Bringschuld gegenüber den armen Ländern hätten.
Die Kanzlerin plädierte auch auf anderen Feldern für eine verstärkte globale Kooperation. Merkel kündigte an, dass Deutschland die internationale Impfallianz Gavi mit 600 Millionen Euro in den nächsten Jahren unterstützen werde. Sie betonte die Bedeutung Afrikas im globalen Kontext. Der Kontinent sei eine Kraft, die neu bewertet werden müsse. Die EU-Staaten hätten damit begonnen, mit Ländern Afrikas gemeinsam Projekte aufzulegen. Die Europäer könnten nur gewinnen, wenn sie sich mit Afrika beschäftigten.
Vor Merkel hatte der venezolanische Oppositionsführer Juan Guaidó in Davos um weitere internationale Unterstützung geworben. Die Hilfe sei nötig, um Machthaber Nicolás Maduro zu stürzen. Guaidó hatte sich vor einem Jahr selbst zum Übergangspräsidenten des Krisenlandes ausgerufen. Er wird von mehr als 50 Staaten anerkannt. Zwischen Maduro und der Opposition tobt seit langem ein erbitterter Machtkampf.
Das Weltwirtschaftsforum endet am Freitag. Die rund 3.000 Teilnehmer aus Politik Wirtschaft und Gesellschaft debattieren über Klimaschutz, Konflikte, Armutsbekämpfung sowie Finanz- und Managementfragen. Das Forum trifft keine offiziellen Entscheidungen.