Köln (epd). Strafbare antisemitische Äußerungen müssen nach Ansicht des Präsidenten des Zentralrats der Juden, Josef Schuster, härter geahndet werden. "Es ist notwendig, juristisch abschreckende Signale zu senden", sagte Schuster den Fernsehsendern RTL und ntv. Diese Wirkung werde mit "milden Urteilen" nicht erzielt. Antisemitische Äußerungen seien in Deutschland zum Teil "salonfähig" geworden, kritisierte er und mahnte: "Aus Worten folgen Taten."
Hassmails und Drohbriefe hätten sowohl zahlenmäßig als auch in der Intensität und Heftigkeit zugenommen, sagte Schuster. "Ich glaube, dass die Problematik und die Folgen antisemitischer Reden und Straftaten in dieser Form bislang nicht so gewürdigt und erkannt wurden." Einschlägige Äußerungen in den sozialen Medien seien "öffentlich und deswegen auch strafrechtlich zu würdigen".
Eine Woche vor dem 75. Jahrestag der Befreiung des NS-Konzentrationslagers Auschwitz wies der Zentralratspräsident darauf hin, dass Umfragen zufolge 20 bis 25 Prozent der Deutschen antijüdische Vorurteile und Ressentiments hätten. Der antisemitisch und rechtsextremistisch motivierte Anschlag von Halle, bei dem Anfang Oktober zwei Menschen getötet wurden, sowie Übergriffe auf Juden in den vergangenen zwei Jahren hätten das Sicherheitsgefühl der in Deutschland lebenden Juden "mit einer gewissen Unsicherheit behaftet".
Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee das Konzentrationslager Auschwitz-Birkenau befreit. Am 1. November 2005 erklärten die Vereinten Nationen den 27. Januar zum Internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus.