Brüssel (epd). Nach der Berliner Libyen-Konferenz ist nun auch eine Wiederaufnahme der EU-Marinemission "Sophia" im Gespräch, die Zehntausende Menschen aus dem Mittelmeer geborgen und nach Europa gebracht hat. "Ich denke wir müssen sie wiederbeleben", sagte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell am Montag in Brüssel. Die Mission ist derzeit faktisch weitgehend eingestellt.
Libyen stand am Montag bei einem Treffen der EU-Außenminister in Brüssel ganz oben auf der Tagesordnung. Die 2015 gestartete Mission "Sophia" läuft zwar formell noch, das Mandat reicht zunächst bis Ende März 2020. Der Einsatz der Marineschiffe, darunter der deutschen Marine, wurde aber im März 2019 ausgesetzt. Seither ist nur noch Fluggerät über dem Mittelmeer im Einsatz.
Hintergrund der Einstellung war vor allem die harte Haltung von Italiens damaligem Innenminister Matteo Salvini im Streit um die Aufnahme der geretteten Menschen in Europa. Luxemburgs Außenminister Jean Asselborn sagte am Montag: "Salvini ist weg, wir müssen 'Sophia' wieder aufbauen."
Bereits am Sonntag hatte Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) direkt nach der Libyen-Konferenz, bei der es um die Befriedung des kriegsgeschüttelten Landes ging, in der ARD-Sendung "Anne Will" gesagt, dass über "Sophia" neu gesprochen werden müsse. Maas bezog sich dabei auf einen anderen Aspekt der Mission, nämlich die Unterstützung der EU für die umstrittene libysche Küstenwache. Diese bringt immer wieder Menschen in die berüchtigten Lager. Darauf angesprochen äußerte Maas: „Ich kann ja nicht sagen 'ich halte die Zustände für unmenschlich' und dann irgendwie befürworten, wenn Leute dahin zurückgebracht werden."
Auch der CDU-Europapolitiker Michael Gahler sieht durch die Ergebnisse der Libyen-Konferenz die Wahrscheinlichkeit erhöht, dass die EU "Sophia" wieder mit Schiffen ausstattet. Schließlich sei in Berlin bekräftigt worden, dass nach Libyen keine Waffen mehr geliefert werden sollten, sagte der Europaabgeordnete dem Evangelischen Pressedienst (epd). Eine Unterbindung von Waffenlieferungen ist auch ein erklärter Zweck von "Sophia". Durch Luftraumüberwachung allein gelinge das aber nicht, sagte Gahler.
Ähnlich äußerte sich Raphael Bossong von der Stiftung Wissenschaft und Politik. "Es ist durchaus möglich geworden, dass Operation 'Sophia' wieder Schiffe einsetzt, um die Kontrolle des Waffenembargos zu unterstützen", sagte Bossong dem epd. Mit Blick auf die Seenotrettung hänge der erneute Einsatz von Schiffen aber unter anderem davon ab, ob sich "migrationskritische Staaten" bei der EU-Entscheidung enthielten beziehungsweise ob es eine glaubwürdige freiwillige Koalition gebe, um die geretteten Menschen aufzunehmen.