In dem am Samstag veröffentlichen dreiseitigen Schreiben drückt die Stadtkirchengemeinde Wittenberg ihr Bedauern aus, dass sich Menschen von der Sandsteinplastik "Judensau" verletzt und beleidigt fühlen. Die Kirchengemeinde sei offen für neue Wege und wolle die "Stätte der Mahnung" weiterentwickeln. Dabei solle der Aspekt der christlich-jüdischen Versöhnung gestalterisch zum Ausdruck kommen. Man sei dazu bereits im Gespräch mit jüdischen Vertretern.
Am Oberlandesgericht Naumburg beginnt am Dienstag der Berufungsprozess über die Entfernung der antisemitischen Schmähplastik. Der Kläger ist Mitglied einer jüdischen Gemeinde und will den Angaben zufolge die Entfernung der 700 Jahre alten Plastik erwirken, weil sie aus seiner Sicht den Tatbestand der Beleidigung erfüllt. Die beklagte Evangelische Stadtkirchengemeinde ist Eigentümerin der unter Denkmalschutz stehenden Kirche in der Lutherstadt.
Das Sandsteinrelief in etwa vier Metern Höhe an der Fassade ist als Schmähplastik gegen Angehörige des jüdischen Glaubens erkenntlich. Mit Renovierungsarbeiten an der Kirche im Jahr 1983 entschloss sich die Gemeinde, das Sandsteinrelief an seinem Ort zu belassen. Im November 1988 weihte die Stadtkirchengemeinde unterhalb des Reliefs ein Mahnmal ein, das sich auf die Schmähplastik bezieht und die Wirkungsgeschichte des Antijudaismus und des Antisemitismus auf künstlerische Weise thematisiert.