Düsseldorf (epd). Der Chef der Bundesagentur für Arbeit, Detlef Scheele, hat vor einem schnellen Anstieg des Mindestlohns gewarnt. Eine rasche Anhebung könne insbesondere bei Geringqualifizierten zu Arbeitsplatzverlusten führen, sagte Scheele der Düsseldorfer "Rheinischen Post" (Samstag) mit Blick auf die Forderung der SPD nach einer Lohnuntergrenze von zwölf Euro. Der Wirtschaftsweise Achim Truger erklärte, man dürfe den Mindestlohn nicht schlagartig auf zwölf Euro erhöhen, könne die Anhebung aber beschleunigen.
Scheele erklärte, es wäre gut, wenn der Mindestlohn stiege, auch perspektivisch auf zwölf Euro. "Wenn man es aber sehr schnell machte, könnte es Probleme geben."
Für 2020 sei eine Evaluation des Mindestlohngesetzes vorgesehen, fügte Scheele hinzu. "Dann muss man schauen, ob die Kriterien ausreichend und vernünftig sind." Wichtig sei, dass man den Mindestlohn in den Händen der Tarifpartner lasse. Es dürfe nicht die Politik darüber entscheiden, wie hoch er sein solle.
Der Wirtschaftswissenschaftler Truger sagte der "Saarbrücker Zeitung" (Samstag), wenn man einen Mindestlohn von zwölf Euro übergangslos einführen würde, wäre das nicht ohne Risiken für die Wirtschaft. "Man kann aber die Schritte hin zu einem solchen Mindestlohn beschleunigen."
Truger regte an, die Arbeitsweise der Mindestlohnkommission zu ändern. Diese sei "nicht in Stein gemeißelt. Die kann die Politik ändern", erklärte er. Für die gesamte Lohnbildung noch wichtiger als der Mindestlohn ist aus Trugers Sicht allerdings die Tarifbindung. "Erst wenn die wieder steigt, wird sich auch das allgemeine Lohnniveau spürbar verbessern", meinte der Ökonom.
Bei der Festlegung der Lohnuntergrenze folgt die Bundesregierung den Empfehlungen der Mindestlohnkommission, die sich an der Entwicklung der Tariflöhne orientiert. Der Kommission gehören Vertreter von Gewerkschaften und Arbeitgebern sowie Wissenschaftler an.
Der 2015 eingeführte gesetzliche Mindestlohn betrug zunächst 8,50 Euro pro Stunde. 2017 wurde er auf 8,84 Euro angehoben, im Januar 2019 auf 9,19 Euro pro Stunde. Ab 2020 soll er 9,35 Euro betragen.
epd fu