Rotes Kreuz: Ebola für Kongo nur eine Krise unter vielen

Rotes Kreuz: Ebola für Kongo nur eine Krise unter vielen
17.12.2019
epd
epd-Gespräch: Marc Engelhardt

Genf (epd). Eine Vielzahl bewaffneter Gruppierungen, tödliche Krankheiten und der Zusammenbruch des Gesundheitssystems haben im Nordosten Kongos zu einer hochexplosiven Lage geführt. "Ebola ist für die Menschen im Kongo nur eine Krise unter vielen", warnte die Afrikadirektorin beim Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK), Patricia Danzi, im Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Genf. An Masern, Cholera und Malaria stürben deutlich mehr Menschen als an der hämorrhagischen Fieberinfektion. Auch deshalb verstünden viele Bewohner nicht, warum das Interesse des Westens vor allem der Ebola-Bekämpfung gelte.

Für Mitarbeiter des Roten Kreuzes und anderer Hilfsorganisationen sei das größte Problem, die Bedürftigen zu erreichen. "Die Regierung gewährt uns Zugang, das ist sehr gut", sagte Danzi. "Auch die Gruppierungen sagen zum Teil Ja, aber da ist schwer zu sagen, wer zu welchem Zeitpunkt welche Straße kontrolliert - und ob die Gruppierungen ihre eigenen Splittergruppen unter Kontrolle haben." Auch vor diesem Hintergrund seien Helfer in der Region entführt worden.

Die jüngsten Angriffe von Bewohnern auf humanitäre Helfer etwa in der Stadt Beni erklärt sich Danzi unter anderem mit der Hoffnungslosigkeit nach Jahrzehnten von Konflikt und Staatszerfall. "Die Leute versuchen, die Gesundheitssysteme langfristig für sich zu gewinnen, nicht nur kurz." Nicht zuletzt wegen der desolaten Gesundheitsversorgung sei der Ebola-Ausbruch erst spät entdeckt worden.

Weiterhin sei es entscheidend, mit der Bevölkerung in engem Kontakt zu stehen. Eine Mutter, die ihr Kind verliert, müsse wissen, warum ihr die Chance auf die traditionellen Waschungen oder Begräbnisriten genommen werde. "Wenn da einfach ein paar Leute kommen, die aussehen wie Marsmenschen und den Leichnam wegnehmen, man weiß nicht wohin, dann löst das Unmut aus." Würden Bedürftige wegen der angespannten Sicherheitslage nur mit dem Helikopter oder aus der Ferne versorgt, fehle der für die Aufklärung nötige persönliche Kontakt.

Seit Ausbruch der Epidemie im Nordosten Kongos vor etwa eineinhalb Jahren sind nach Angaben des kongolesischen Gesundheitsministeriums knapp 3.350 Menschen an Ebola erkrankt, mehr als 2.200 starben. Zeitgleich wütet im Kongo die weltweit größte Masernepidemie: Laut Weltgesundheitsorganisation (WHO) gibt es bislang 280.000 Erkrankte und mehr als 5.600 Tote. Dazu kommt die anhaltende Gewalt in der Region. Vor allem Rebellen der ADF überfallen seit Wochen wieder vermehrt Dörfer und Flüchtlingslager im Nordosten Kongos. Erst am Wochenende wurden dabei mehr als 20 Menschen getötet.

Die 50-jährige Umwelt- und Agrarwissenschaftlerin Patricia Danzi ist seit 1996 beim IKRK beschäftigt und leitet noch bis April 2020 das Afrika-Referat. Danach übernimmt sie die Leitung der Schweizer Direktion für Entwicklung und Zusammenarbeit (DEZA), dem Schweizer Pendant zur Deutschen Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit (GIZ). Das teilte das Schweizer Außenministerium am Freitag vergangener Woche mit.