Frankfurt a.M., Neu-Delhi (epd). Die gewaltsamen Proteste gegen die Staatsbürgerschaftsreform in Indien halten an. In Neu-Delhi kam es am Sonntagabend zu schweren Zusammenstößen zwischen demonstrierenden Studenten und Sicherheitskräften, wie die "Times of India" (Montag) berichtete. Busse und Motorräder seien in Brand gesteckt worden. Mehr als 100 Menschen seien verletzt worden, als die Sicherheitskräfte die Demonstranten zurückdrängten, den Campus der Jamia-Millia-Islamia-Universität stürmten und Tränengas einsetzten, meldete die Zeitung "Indian Express".
Rund 50 Studenten seien vorübergehend festgenommen worden, hieß es. An weiteren Hochschulorten habe es am Sonntagabend und am Montag Solidaritätskundgebungen gegeben. Die seit Tagen anhaltenden Proteste richten sich gegen Änderungen im Staatsbürgerschaftsgesetz zugunsten nicht-muslimischer Einwanderer.
Ministerpräsident Narendra Modi rief über Twitter zu Frieden und Einheit auf. Alle müssten zusammenstehen, um Indien voranzubringen, erklärte er. Das Staatsbürgerschaftsgesetz sei für keinen Inder Anlass zur Sorge, betonte Modi. Die am Mittwoch beschlossene Gesetzesänderung sieht vor, dass Einwanderer aus Afghanistan, Pakistan und Bangladesch künftig die indische Staatsbürgerschaft erwerben können, wenn sie keine Muslime sind und mindestens sechs Jahre lang in Indien gearbeitet haben. Bewohner der nordöstlichen Bundesstaaten Assam und Tripuram, die an Bangladesch grenzen, befürchten starke Zuwanderung und eine Veränderung der Bevölkerungsstrukturen in ihrer Region.
Indiens Nachbarländer Pakistan, Bangladesch und Afghanistan sind mehrheitlich muslimisch, haben aber kleine Minderheiten von Hindus, Jains, Christen, Sikhs, Buddhisten und Parsen. Bisher galt in Indien das 64 Jahre alte Staatsbürgerschaftsgesetz, das allen illegal eingewanderten Migranten einen indischen Pass verweigerte. Modis hindu-nationalistische Regierung begründete die Reform damit, dass so Menschen vor religiöser Verfolgung geschützt würden.
Die Mehrheit der 1,3 Milliarden Inder sind Hindus, die etwa 80 Prozent der Bevölkerung ausmachen. Die zweitgrößte Religionsgruppe sind die Muslime mit etwa 170 Millionen Menschen. Sie stellen um die 14 Prozent der Bevölkerung. Unter Modi, der seit 2014 regiert, hat sich das einst religiös tolerante Indien gewandelt. Es kommt vermehrt zu Übergriffen auf Christen und andere Minderheiten.