Celle (epd). Autismustherapien für Schulkinder müssen einem Gerichtsurteil zufolge unabhängig vom Einkommen der Eltern aus Sozialhilfemitteln bezahlt werden. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschied die lange Zeit umstrittene Rechtsfrage nun im Sinn der Betroffenen. Die Richter verurteilten das Bremer Sozialamt zur Erstattung der Therapiekosten für ein an Autismus und einer Verhaltensstörung leidendes Mädchens, wie aus der am Montag veröffentlichten Entscheidung hervorgeht. (AZ: L 8 SO 240/18).
Das Kind besuchte eine Inklusionsklasse an einer Bremer Grundschule und erhielt dort eine Eins-zu-eins-Betreuung. Eine zusätzliche Autismustherapie aus Sozialhilfemitteln lehnte das Sozialamt mit der Begründung ab, es handele sich dabei um keine kostenprivilegierte Leistung. Für die Therapie seien die Eltern verantwortlich, da sie über ausreichend finanzielle Mittel verfügten. Kostenprivileg bedeutet im Sozialrecht, dass bestimmte Zuwendungen nicht von den individuellen Einkommens- und Vermögensverhältnissen abhängen.
Die Eltern hielten die Therapie für erforderlich und wurden dabei von der Klassenlehrerin und den behandelnden Ärzten unterstützt. Wegen der ungeklärten Kostenfrage nahmen die Eltern zunächst nur eine kürzere Therapie für ihr Kind in Anspruch und finanzierten diese aus eigenen Mitteln mit rund 7.400 Euro.
Dem Landessozialgericht zufolge ist die Leistung als "Hilfe zur angemessenen Schulbildung" anzusehen und damit kostenprivilegiert. Eine Autismustherapie fördere die Aufmerksamkeit und Konzentration sowie die kommunikativen und sozialen Fähigkeiten. Sie trage zu einem erfolgreichen Schulbesuch bei, da sie die Vermittlung von Unterrichtsinhalten, Sprachverständnis und Sozialverhalten verbessern könne. Es sei nicht erforderlich, dass die Maßnahme allein auf den Schulbesuch ausgerichtet sei - wenn er auch nur erleichtert werde, reiche dies schon aus.