Bundesverfassungsgericht schützt zwei Tschetschenen vor Auslieferung

Bundesverfassungsgericht schützt zwei Tschetschenen vor Auslieferung

Karlsruhe (epd). Weil Russland Mindeststandards in Strafverfahren in Tschetschenien nicht sicherstellen kann, liefert Deutschland zwei russische Staatsangehörige nicht aus. Das Bundesverfassungsgericht entschied in zwei am Mittwoch in Karlsruhe veröffentlichten Beschlüssen zugunsten zwei betroffener Tschetschenen. Jetzt muss das Oberlandesgericht Brandenburg die Auslieferungsverfahren neu entscheiden. (AZ: 2 BvR 517/19 und 2 BvR 828/19)

Das Bundesverfassungsgericht verwies zwar darauf, dass innerhalb der Europäischen Union und im allgemeinen völkerrechtlichen Auslieferungsverkehr der Vertrauensgrundsatz gelte, dass in den Zielstaaten das Völkerrecht eingehalten werde. Wenn es jedoch tatsächliche Anhaltspunkte gebe, dass der Grundrechtsschutz oder verbindliche völkerrechtliche Mindeststandards nicht eingehalten würden, dürfe nicht ausgeliefert werden. Das zuständige Gericht müsse eine eigene Gefahrenprognose anstellen, auch wenn dies arbeits- und zeitaufwendig sei.

Das Oberlandesgericht Brandenburg gehe selbst davon aus, dass in der autonomen russischen Republik politische Verfolgung drohe und völkerrechtliche Mindeststandards nicht gegeben seien, hieß es weiter. Deshalb hatte es die Auslieferung daran gebunden, dass die anhängigen Strafverfahren nicht in Tschetschenien durchgeführt werden dürften. Eine solche einseitige Festlegung reiche jedoch nicht, befand das Bundesverfassungsgericht. Es brauche dafür eine belastbare Zusicherung auch des Zielstaates. Doch im Fall der Tschetschenen habe die Russische Föderation diese nicht gegeben, sondern sogar ausdrücklich darauf verwiesen, dass dies aus dortigen verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich sei.

Die Tschetschenen wurden jeweils durch die Russische Föderation über Interpol zur Verhaftung ausgeschrieben. Ihnen wurden ein Raub- beziehungsweise ein Drogendelikt vorgeworfen. Sie stellten Asylanträge zunächst in Polen, die in einem Fall zum subsidiären Schutzstatus führten, im anderen nicht zu Ende geführt wurden. Die später in Deutschland gestellten Asylanträge wurden abgelehnt.