Von 1965 bis 1984 war Stöhr Präsident des Deutschen Koordinierungsrats der Gesellschaften für christlich-jüdische Zusammenarbeit, von 1990 bis 1998 Präsident des Internationalen Rates der Christen und Juden (ICCJ) und bis zu seinem Tod ICCJ-Ehrenpräsident. Für seine sechs Jahrzehnte lange Arbeit im jüdisch-christlichen Dialog wurde er 2016 mit der Martin-Niemöller-Medaille geehrt.
Der hessen-nassauische Kirchenpräsident Volker Jung würdigte Stöhr als "Brückenbauer, der sich in herausragender Weise um das christlich-jüdische Verhältnis verdient gemacht hat". Schon während seines Studiums habe er erkannt, dass "ein Versagen in Kirche und Theologie in Bezug auf das Judentum aufzuarbeiten ist und eine grundlegende Neuausrichtung gelingen muss". Er habe zu den ersten im Nachkriegsdeutschland gehört, die sich mit den judenfeindlichen Schriften des Reformators Martin Luthers kritisch auseinandersetzten.
Zugleich habe Stöhr die Akademie Arnoldshain als "Ort des gesellschaftlichen Diskurses auf der Höhe der Zeit" profiliert. Bis zuletzt habe er sich in Kirche und Gesellschaft mit wichtigen Impulsen zu Wort gemeldet. Jung: "Die Evangelische Kirche verliert mit Martin Stöhr einen Mann mit großer Ausstrahlungskraft. Den im jüdisch-christlichen Dialog Engagierten und vielen anderen wird seine Stimme fehlen."
Martin Stöhr wurde 1932 in Singhofen (Rhein-Lahn-Kreis) geboren. Er studierte von 1951 bis 1956 evangelische Theologie und Soziologie in Mainz, Bonn und Basel. Nach seinem Vikariat in Rüsselsheim und Berlin war er von 1959 bis 1961 Pfarrer in Mainz und anschließend bis 1969 Studentenpfarrer an der Technischen Universität Darmstadt. Die Trauerfeier findet am 16. Dezember in Bad Vilbel statt.