Einführung einer Dienstpflicht bei Grundgesetzänderung möglich

Einführung einer Dienstpflicht bei Grundgesetzänderung möglich
Sollen Schüler nach dem Abschluss einen einjährigen Dienst für die Gesellschaft leisten? Die CDU erwägt bei einem Werkstattgespräch das für und wider, legt sich aber noch nicht fest.

Berlin (epd). Die Einführung einer allgemeinen Dienstpflicht wäre nach Einschätzung von CDU-Politikern möglich, wenn dafür das Grundgesetz geändert wird. Das sagte der CDU-Politiker Jens Kreuter am Donnerstag in Berlin nach Beratungen im Rahmen eines sogenannten Werkstattgesprächs der Partei. Da eine Grundgesetzänderung aber viel Zeit in Anspruch nehme, wäre für eine Übergangszeit möglich, die Freiwilligendienste zu stärken und als "Deutschlandjahr" unter einem staatlichen Überbau zusammenführen. Ein eindeutiges Votum für eine allgemeine Dienstpflicht gab es nach dem Werkstattgespräch nicht. Es gab aber mehrere skeptische Äußerungen zum Pflichtgedanken.

Zuvor hatte CDU-Chefin und Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer ihren Vorstoß für eine allgemeine Dienstpflicht noch einmal verteidigt. "Für mich ist es auch ein zutiefst bürgerlicher Gedanke, seinem Land und der Gesellschaft etwas zurückgeben zu wollen", sagte sie den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Donnerstag). Sie finde es "sehr wichtig, dass wir über eine Dienstpflicht in Deutschland diskutieren".

Der Chef der Mittelstandsvereinigung der Unionsparteien und stellvertretende Unionsfraktionsvorsitzende, Carsten Linnemann (CDU), stellte sich hinter die Forderung von Kramp-Karrenbauer. "Ich bin für ein verpflichtendes Gesellschaftsjahr", sagte er dem "Spiegel", "weil praktisches Engagement und Nähe zur Mitte der Gesellschaft der Anonymität und der sozialen Kälte entgegenwirken, aus der Abgrenzung und 'hate speech' entstehen".

Widerspruch kam aus den Reihen des Koalitionspartners SPD. Der familienpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Sönke Rix, erklärte: "Das Engagement junger Menschen soll auch weiterhin freiwillig und selbstbestimmt sein." Um die Notstände bei der Bundeswehr und in der Pflege zu beheben, stünden vor allem die Verteidigungsministerin und der Gesundheitsminister in Verantwortung und nicht die jungen Menschen.

Diakonie-Präsident Ulrich Lilie teilte mit, er halte eine gesellschaftlich-soziale Dienstpflicht "weiterhin für die zweitbeste Idee". Stattdessen sollten alle nationalen wie internationalen Formate der Freiwilligendienste weiter gestärkt und finanziell besser ausgestattet werden. "Von der Verfassungsmäßigkeit einer Dienstpflicht abgesehen, ist es auch für die betroffenen Menschen sicherlich nicht wünschenswert, von zwangsverpflichteten Menschen begleitet, gepflegt oder betreut zu werden." Insgesamt gibt es bundesweit etwa 100.000 Freiwilligendienstleistende pro Jahr.

Kramp-Karrenbauer hatte noch als CDU-Generalsekretärin im vergangenen Jahr einen solchen Dienst ins Gespräch gebracht, der nicht nur bei der Bundeswehr, sondern auch in der Pflege oder bei der Feuerwehr geleistet werden könnte. 2011 wurde in Deutschland die allgemeine Wehrpflicht ausgesetzt. Sogenannte Werkstattgespräche hatte die CDU zuletzt auch zur Migration und dem Klimaschutz veranstaltet. Der hessische Ministerpräsident und CDU-Bundesvize Volker Bouffier sowie der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) hatten sich zuletzt skeptisch über den Vorschlag zur Dienstpflicht geäußert.

epd mih/mey rks