Frankfurt a.M., Rom (epd). Nach der Rettung von Dutzenden weiteren Menschen aus Seenot haben am Donnerstag fast 300 Flüchtlinge auf die Zuweisung eines sicheren Hafens gewartet. Einige der aus dem Mittelmeer Geretteten wiesen Schussverletzungen und schwere Brandwunden auf, teilte die spanischen Seenotretter auf der "Open Arms" auf Twitter mit, die 73 Menschen aufnahmen. Ein Teil der Flüchtlinge war demnach stark unterkühlt und litt an Flüssigkeitsmangel. Auf der "Ocean Viking" harrten 125 Menschen aus. Zudem twitterte SOS Méditerranée am späten Nachmittag, dass 90 weitere Flüchtlinge aus einem Schlauchboot gerettet worden seien, das nach fast 24 Stunden Suche endlich gefunden worden sei.
Bei der Meldestelle "Alarm Phone" ging überdies die Nachricht eines Fischers ein, der von einem Bootsunglück mit 67 Toten vor der libyschen Küste berichtete. Fischer hätten vor der Küste bei Tripolis ein Schlauchboot mit geplatzten Luftkammern und zahlreichen bereits über Bord gegangenen Menschen gefunden. An der Unglücksstelle hätten sie 30 Überlebende retten können. Die libysche und die tunesische Küstenwache brachten unterdessen nach Online-Berichten der italienischen Tageszeitung "La Repubblica" 200 Flüchtlinge, die dabei waren, das Mittelmeer zu überqueren, wieder zurück nach Nordafrika.
Mit kirchlichem Segen lief derweil die "Alan Kurdi" wieder zum Einsatz aus. Sie habe am Donnerstag den Hafen von Tarent in Süditalien verlassen und sei auf dem Weg in die libysche Such- und Rettungszone, teilte die Organisation Sea-Eye in Regensburg mit. Die Crew sei "mit großer Sorge" gestartet, nachdem es beim letzten Einsatz einen Zusammenstoß mit der libyschen Küstenwache gegeben habe. Die "Alan Kurdi" war nach Berichten der Crew am 26. Oktober bei einer Rettungsaktion massiv von zwei bewaffneten Schnellbooten mit libyscher Kennung bedroht worden.
Für die achte Mission des Sea-Eye-Schiffes sandten verschiedene Kirchen ihre Segenswünsche. Unterstützer sind unter anderem die katholischen Bistümer München-Freising, Paderborn, Hildesheim und Regensburg sowie die Mennoniten. Seit 2018 wird das Schiff auch aus dem Raum der Evangelische Kirche in Deutschland (EKD) gefördert. Auch EKD-Ratspräsident Heinrich Bedford-Strohm habe der "Alan Kurdi" zum Auslaufen seinen Segen mit auf den Weg gegeben, erklärten die Seenotretter. Dass die Kirchen Deutschlands "sich immer wieder insistierend für die Seenotrettung einsetzen, lässt uns zuversichtlich bleiben", sagte Sea-Eye-Vorsitzender Gorden Isler.
In Malta wurden drei des Terrorismus beschuldigte jugendliche Flüchtlinge aus Afrika nach acht Monaten in Haft vorläufig wieder freigelassen. Wie der Stiftungsfonds Zivile Seenotrettung am Donnerstag mitteilte, stellte er für die jungen Männer eine Kaution dafür bereit. Die Migranten hatten im März einen Tanker, der sie und 105 weitere Menschen im Mittelmeer aus Seenot rettete, davon abgehalten, sie zurück nach Libyen zu bringen. Stattdessen steuerte die "El Hiblu 1" Malta an.
Den jungen Männern wurde vorgeworfen, die Crew des türkischen Tankers bedroht und zur Kursänderung gezwungen zu haben. Verteidiger sprechen hingegen von "friedlicher Notwehr" gegen die Rückführung nach Libyen. Sicher sei, dass niemand verletzt wurde, betonte der Stiftungsfonds. 108 Menschen seien so in Sicherheit gebracht worden.
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