Berlin (epd). Fast jeder elfte Erwerbstätige hat bereits eine Form von sexueller Belästigung am Arbeitsplatz erfahren. Dabei müsse berücksichtigt werden, dass solche Formen der schweren Belästigung in der Regel nicht einmal, sondern fortgesetzt erfolgten, sagte die Soziologin Monika Schröttle am Freitag bei Vorstellung einer von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes in Auftrag gegebenen Studie. Ein Viertel der Betroffenen hätten über Erfahrungen von körperlichen Belästigungen und Zwang zu sexuellen Handlungen am Arbeitsplatz berichtet. Insgesamt seien 98 Prozent der Opfer Frauen.
Bundesfamilienministerin Franziska Giffey (SPD) betonte, dass es sich bei sexueller Belästigung um kein Kavaliersdelikt, sondern um einen Straftatbestand handele. "Sie ist Ausdruck von Machtmissbrauch und eine Form von Gewalt gegen Frauen, aber auch gegen Männer." Arbeitgeber seien verpflichtet, für den Schutz ihrer Mitarbeiter zu sorgen. Dabei seien Formen der sexuellen Belästigungen oft vielfältig und deshalb schwer zu fassen, sagte die Ministerin. Sexuelle Belästigung beginne, wenn eine Geste oder ein Wort eine unterschwellige Bedeutung hätten und reichten bis hin zu körperlicher Bedrängnis und Übergriffen.
Sexuelle Belästigungen bei Frauen seien stark in Macht- und Abhängigkeitsverhältnisse eingebunden, sagte auch Schröttle. Besonders gefährdet seien weibliche Führungskräfte, Frauen in sogenannten Männerberufen, aber auch Selbstständige. Diese Berufsgruppen hätten vermehrt über sexuelle Belästigungen als "Form der Aggression und Machtdemonstration" berichtet.
Für die Studie im Auftrag der Antidiskriminierungsstelle des Bundes wurden von Juni 2018 bis September 2019 1.531 Menschen per Telefon befragt.