Berlin (epd). Eine Erhöhung der Arbeitszeiten von Frauen und älteren Menschen kann nach Einschätzung von Statistikern den erwarteten Arbeitskräftemangel auffangen. Weil zunehmend mehr Frauen und ältere Arbeitnehmer mehr arbeiteten, werde die Situation am Arbeitsmarkt 2030 weniger dramatisch ausfallen als befürchtet, erklärte das Bundesinstitut für Bevölkerungswachstum (BiB) am Donnerstag in Berlin.
Derzeit gibt es mit fast 45 Millionen Menschen so viele Erwerbstätige wie noch nie. Allerdings gehen den Statistikern zufolge in den nächsten zwei Jahrzehnten mehr als 20 Millionen der in den 50er und 60er Jahren geborenen "Babyboomer" in Rente. Zugleich erreichen nur etwa 14 Millionen Menschen das erwerbsfähige Alter. "Aber Köpfe allein zählen nicht", sagte BiB-Direktor Norbert F. Schneider. Wichtige Indikatoren seien die Zunahme bei den Arbeitsstunden pro Kopf und beim Arbeitsvolumen aller Erwerbstätigen.
Danach waren 2004 rund 25 Prozent aller Erwerbstätigen zwischen 60 und 64 Jahre alt, 2017 stieg deren Anteil auf 58 Prozent. Im Schnitt arbeitete eine Person in diesem Alter vor zwei Jahren 21,6 Stunden je Woche, 2004 waren es nur 11,2.
Ähnliche Tendenzen zeigen sich bei den 65- bis 67-Jährigen und bei Frauen. Diese tragen den Angaben zufolge vor allem durch mehr Teilzeitarbeit zum steigenden Arbeitsvolumen bei. Das lag 2004 noch bei 1,29 Milliarden Wochenarbeitsstunden, 2017 bereits bei 1,45 Milliarden. Schreibt man alle Faktoren zusammen fort, könnte bis 2030 die Zahl der Wochenarbeitsstunden mit 1,44 Milliarden das Niveau von 2017 erreichen, errechnete das BiB.
Dabei wirkt sich auch der Bildungsgrad positiv aus: Während heute nur 26 Prozent der 60- bis 64-Jährigen über einen höheren Bildungsabschluss verfügen, wird dieser Wert laut BiB in 20 Jahren bei 29 Prozent und in 30 Jahren bei 34 Prozent liegen. Dabei zeigt sich, dass Menschen mit hoher Bildung mehr Wochenstunden arbeiten als jene mit geringer Bildung.
Politik und Wirtschaft empfahl das BiB deshalb in lebenslange Bildung und Qualifizierungen auch für Zuwanderer zu investieren, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf etwa bei der Kinderbetreuung und der Pflege von Angehörigen zu verbessern sowie generell die Gesundheit vor allem älterer Erwerbstätiger zu fördern und Arbeitsplätze altersgerecht zu gestalten.