Berlin (epd). Im Vergleich der deutschen Gesellschaft und der ihrer Herkunftsländer sehen Flüchtlinge einer Studie zufolge vor allem Unterschiede bei der Gleichbehandlung von Minderheiten und der Gleichberechtigung von Mann und Frau. Am stärksten hadern sie mit dem Umgang mit Homosexuellen, älteren Menschen und der Familie in Deutschland, wie aus der am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Expertise des Forschungsbereichs des Sachverständigenrats deutscher Stiftungen für Integration und Migration hervorgeht.
Die Autoren wollten durch eine Befragung herausfinden, inwiefern sich Wertvorstellungen von Flüchtlingen von denen der deutschen Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Für die Studie wurden zwischen April 2016 und März 2017 insgesamt 369 Flüchtlinge befragt, die 2014 oder später nach Deutschland eingereist sind. Die Gruppe sei nicht repräsentativ für alle Asylsuchenden in Deutschland, spiegele aber die wichtigsten Herkunftsländer wider, darunter unter anderem Afghanistan, Syrien, Irak, Iran und Eritrea, heißt es darin.
Den Ergebnissen der Studie zufolge nehmen 80 Prozent der Flüchtlinge wahr, dass es Deutschen sehr wichtig sei, dass das Gesetz alle Menschen gleich behandelt. Für die Gesellschaft ihres Herkunftslandes finden das demnach nur 57 Prozent. Dass die Gleichberechtigung der Geschlechter den Deutschen wichtig sei, finden 85 Prozent. Für ihr Herkunftsland nimmt das nur rund die Hälfte (49 Prozent) wahr. Sich auf diese Unterschiede einzustellen, fällt den Flüchtlingen der Studie zufolge aber "sehr" oder "eher" leicht. Das Vorurteil, Menschen aus muslimischen Ländern würden eine Ungleichbehandlung von Mann und Frau befürworten, werde damit nicht belegt, heißt es in der Studie.
Schwerer fällt Flüchtlingen der Studie zufolge der Umgang mit Unterschieden bei der Gleichbehandlung Homosexueller. 89 Prozent der Befragten finden, dass die rechtliche Gleichstellung den Deutschen wichtig sei. Für ihr Herkunftsland sagen das nur 30 Prozent. 40 Prozent geben an, dass es ihnen schwerfällt, mit diesem Unterschied umzugehen. 41 Prozent der Geflüchteten finden etwa auch, dass homosexuelle Paare keine guten Eltern sein können.
Schwer fällt Flüchtlingen der Studie zufolge auch der Umgang mit von ihnen wahrgenommenen Unterschieden mit der Familie und älteren Menschen. Viele von ihnen finden demnach, dass sich die Menschen in Deutschland mehr für sich als die Familie interessieren und vermissen Respekt gegenüber Älteren. Die Studie erklärt das unter anderem damit, dass Menschen mit Migrationshintergrund ältere Angehörige oftmals selbst pflegen, anstatt professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen, die teilweise als Ausdruck mangelnder Zuneigung empfunden werden könne.