Potsdam/Berlin (epd). In der Debatte über den Wiederaufbau der Garnisonkirche hat Potsdams Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) eine Nutzung als internationale Jugendbegegnungsstätte für Bildung und Demokratie ins Gespräch gebracht. Der Vorschlag löste am Mittwoch unterschiedliche Reaktionen aus. Der Bischof der Evangelischen Kirche Berlin-Brandenburg-schlesische Oberlausitz, Markus Dröge, begrüßte die Idee. Der Wunsch, einen lebendigen Lernort und eine Jugendbegegnungsstätte auf den Weg zu bringen, decke sich mit dem Nutzungsansatz der Baustiftung, sagte Dröge dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch in Berlin.
Das Ziel der Stiftung, an die Geschichte zu erinnern, Verantwortung zu vermitteln und Versöhnung zu leben, sei in Ansätzen bereits im aktuellen Veranstaltungsprogramm und im Raumprogramm für den Turm erkennbar, betonte Dröge: "Mit der Idee des Oberbürgermeisters können sie auf die Kubatur des Kirchenschiffs erweitert werden."
Die Stiftung begrüßte die Signale Schuberts, die "auf die Mitarbeit im Kuratorium und auf die inhaltliche Mitwirkung ausgerichtet sind", äußerte sich jedoch nicht zu der Idee der Jugendbegegnungsstätte. "Wir freuen uns, dass Bewegung in die Meinungsbildung kommt", erklärte Vorstand Wieland Eschenburg. Die Stiftung fördere bereits Bildung und Demokratie, darauf könne aufgebaut werden. Die Stiftung als Eigentümerin und Bauherrin sei "offen für alle kooperativen Gedankenansätze".
Die Potsdamer Initiative "Mitteschön" kritisierte den Vorstoß des Oberbürgermeisters. Der Vorschlag, am historischen Standort ein modernes Gebäude statt eines Kirchenschiffs zu bauen und dort ein Jugendzentrum für Bildung und Demokratie einzurichten, schlage "den vielen Engagierten, die sich viele Jahre um die Wiedererrichtung des Potsdamer Wahrzeichens bemühen, ins Gesicht", erklärte die Initiative am Mittwoch. Auch aus Kreisen der Gegner kam Kritik, sie sehen das benachbarte Kunsthaus in Gefahr, sollte ein weiteres Gebäude errichtet werden.
Schubert hatte zu seinem Vorschlag einer Jugendbegegnungsstätte ausgeführt, dass die Architektur diesen Anforderungen folgen müsse, wenn neben dem Turm auch das Kirchenschiff wiedererrichtet werden sollte. Bis 2023 solle dafür ein inhaltliches Konzept erarbeitet werden, das sich auch mit der Frage der Trägerschaft befasst.
In der Garnisonkirchenstiftung sollen nach Vorstellung von Schubert künftig der Oberbürgermeister und als Stellvertreter der Vorsitzende der Stadtverordnetenversammlung Aufgaben und Interessen der Stadt wahrnehmen. Der Vertreter der Stadt solle auch an der geplanten Ausstellung im neuen Kirchturm mitwirken, die die Geschichte der Garnisonkirche vollständig darstellen müsse. Schubert hatte seinen Sitz dort seit seiner Amtsübernahme im November 2018 ruhen lassen.
Die Diskussion über die Geschichte der Garnisonkirche werde häufig auf ihre Symbolik für das NS-Regime reduziert, betonte Schubert. In anderen Städten mit Orten mit starken Bezügen zum NS-Regime und entsprechender Symbolwirkung gebe es dazu Dokumentations- und Bildungszentren, die Vorbild für Potsdam sein könnten. Die Garnisonkirche ist wegen ihrer NS- und Militärgeschichte umstritten. Sie wurde 1945 weitgehend zerstört und 1968 abgerissen.