Ministerin: Religiöse Kleidungsstücke vor Gericht nicht angebracht

Ministerin: Religiöse Kleidungsstücke vor Gericht nicht angebracht
07.09.2019
epd
epd-Gespräch: Michael Grau

Hannover (epd). Kopftuch, Kreuz, Kippa: Auf solche religiösen oder weltanschaulichen Symbole oder Kleidungsstücke sollen Richter und Staatsanwälte in Niedersachsen nach dem Willen der Landesregierung künftig grundsätzlich verzichten. "Die Bürger müssen sich darauf verlassen können, dass die Justiz ihnen vollkommen neutral gegenübertritt", sagte Justizministerin Barbara Havliza (CDU) dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Und sie können auch erwarten, dass das optisch zum Ausdruck kommt."

Auf Initiative Havlizas hat die rot-schwarze Landesregierung in Hannover einen Gesetzentwurf beschlossen, der Mitte September in den Landtag eingebracht werden soll. Die Frage der Neutralität soll damit künftig landesweit einheitlich geregelt werden. Ausschlaggebend waren Fälle angehender muslimische Juristinnen, die das Kopftuch auch für öffentliche Handlungen im Gericht tragen wollten. "Das ist dann der Punkt, an dem wir sagen: Nein, aus der Sicht des Dritten, der vor Gericht Recht sucht, geht das nicht", betonte die Ministerin.

Die Justiz müsse Rücksicht auf Menschen nehmen, die sich Sorgen machten, wenn ihnen jemand mit einer religiösen oder weltanschaulichen Vorprägung gegenübertrete. Eine solche Frage könne nicht von Gericht zu Gericht und von Stadt zu Stadt unterschiedlich gehandhabt werden, sagte Havliza. "Das kann man dann auch einer Muslima nicht mehr klarmachen. Deswegen wollen wir es nun einheitlich regeln."

In den konkreten Fällen hätten die Gerichte vor Ort die Rechtsreferendarinnen überzeugen können, dass die Justiz Wert auf das Ablegen des Kopftuches lege. "Wenn es abgelegt wurde, sprach nichts gegen die Wahrnehmung der Sitzungsvertretung, zum Beispiel als Staatsanwältin." Es habe aber auch Fälle gegeben, in denen eine Referendarin auf die Sitzungsvertretung als Teil ihrer Ausbildung verzichtet habe.

Die Justiz müsse in diesem Punkt abwägen, ob das Neutralitätsgebot oder die öffentliche Ausübung der Religion im Amt wichtiger sei, unterstrich die Ministerin. "Und da ist für uns das Neutralitätsgebot das Wichtigere." Kleine Schmuckstücke wie Kreuz, Davidsstern oder Halbmond müssten in Verhandlungen verborgen werden, erläuterte Havliza.

Die Kritik muslimischer Verbände, dass die geplante Regelung Wasser auf die Mühlen von Islamfeinden sei, wies die Ministerin zurück: "Es geht nicht darum zu sagen: Wir wollen keine Muslima im öffentlichen Dienst oder in der Justiz. Das Gegenteil ist der Fall." Es gehe für junge muslimische Frauen schlicht um die Entscheidung: "Möchte ich den Beruf als Richterin oder Staatsanwältin ausüben? Dann muss ich bestimmte Voraussetzungen erfüllen."

Kreuze im Gerichtssaal sind laut Havliza von dem geplanten Verbot nicht betroffen. "Das Recht wird durch Menschen gesprochen und nicht durch Säle", sagte sie. Kreuze müssten aber abgehängt werden, wenn ein Beteiligter im Gerichtsverfahren dies wünsche.