Berlin, Caracas (epd). Der Machtkampf in Venezuela spitzt sich weiter zu: Präsident Nicolás Maduro will offenbar das rechtmäßig gewählte Parlament auflösen. Außerdem sollen im kommenden Jahr Parlamentswahlen stattfinden, wie die Zeitung "El Nacional" am Montagabend (Ortszeit) berichtete. Die regierungstreue verfassungsgebende Versammlung setzte eine Kommission ein, die einen Termin für die Wahlen festlegen soll. Die Opposition stellt seit 2016 eine Zweidrittel-Mehrheit im Parlament, das Maduro weitgehend entmachtet hat.
Wahlen müssten stattfinden, weil die Nationalversammlung nicht mehr funktioniere, erklärte der Vorsitzende der verfassunggebenden Versammlung, Diosdado Cabello. "Sie haben sich selbst eliminiert", sagte er. Außerdem hob die verfassunggebende Versammlung die Immunität von vier Oppositionsabgeordneten auf. Ihnen wird Verrat und Verschwörung vorgeworfen.
Parlamentspräsident Juan Guaidó erklärte, die Entscheidungen seien verfassungswidrig und hätten keine Gültigkeit. "Es handelt sich um reine Unterdrückung", schrieb er auf Twitter. Die Regierung behindere jede friedliche Lösung, um ihre eigenen geschäftlichen und persönlichen Interessen zu verteidigen.
Maduro hatte die verfassungsgebende Versammlung 2017 eingesetzt. Diese entmachtete de facto das Parlament. Die Opposition wirft Maduro vor, sich mit einer Verfassungsreform "diktatorische Vollmachten" sichern zu wollen.
Parlamentspräsident Guaidó hatte sich im Januar zum Übergangspräsidenten erklärt. Inzwischen wird er von mehr als 50 Staaten anerkannt. Auf der Seite von Maduro stehen Länder wie Kuba, Russland und die Türkei. Maduros größter Machtfaktor ist das Militär, das bislang mehrheitlich zur Regierung hält.