Es werde häufig vergessen, dass es neben zölibatär lebenden Priestern auch verheiratete gebe, sagte der Kirchenhistoriker. Diese fänden sich in den katholischen Ostkirchen sowie unter konvertierten evangelischen Pfarrern, die mit einer Ausnahmeerlaubnis die katholische Priesterweihe empfangen hätten.
Über Jahrhunderte sei die kultische Reinheit des Priesters betont worden, erklärte der Kirchenhistoriker. Diese "archaische Vorstellung" sei mehr als 1.500 Jahre lang als Begründung für die Ehelosigkeit der Priester angeführt worden. 1974 habe die römische Kongregation dann für einen Bruch gesorgt, als sie geschrieben habe, dass die Idee der rituellen Reinheit nicht zu den Gründen der Ehelosigkeit zähle. "Und so etwas macht den Historiker natürlich sensibel, wenn Begründungen, die als ewig gelten, bei historischer Betrachtung gar nicht so ewig sind", betonte der Wissenschaftler der Universität Münster.
Bewährte verheiratete Männer zur Priesterweihe zuzulassen würde die Strukturkrise der katholischen Kirche aber nicht lösen, erklärte Wolf: "Die Aufhebung des Junktims von Priestertum und Zölibat wäre lediglich ein Signal, dass die Kirche in der Lage ist, zu beginnen, ihre Systemkrise anzugehen." Wenn die Kirche ihre Tradition ernst nehme, müsse sie dringend strukturelle Entscheidungen treffen. "Und dabei wäre für mich der Zölibat nur ein Aspekt", sagte Wolf der Bistumszeitung.
Es brauche noch weitere Schritte wie etwa eine Verwaltungsgerichtsbarkeit zum Einklagen der Rechte als Christenmensch und Veränderungen bei der Sexualmoral der katholischen Kirche, betonte der Kirchenhistoriker. Auch müsse es um die Rolle der Frauen in der Kirche gehen. Es gebe die Tradition, dass Frauen mit den selben rechtlichen Vollmachten wie von Bischöfen versehen worden seien.