Frankfurt a.M. (epd). Der Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), Heinrich Bedford-Strohm, fordert eine großzügigere Aufnahme von Flüchtlingen, die im Mittelmeer aus Seenot gerettet werden. Da müsse "man in der EU einen Verteilungsmechanismus finden, damit man nicht bei jedem Boot neu nach einem Hafen suchen muss", sagte Bedford-Strohm der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (Dienstag). Die aus Seenot geretteten Flüchtlinge sollten in Europa "ganz normale Asylverfahren" durchlaufen.
Zugleich reagierte Bedford-Strohm zurückhaltend auf Forderungen nach der Anschaffung eines kirchlichen Rettungsschiffes für Flüchtlinge im Mittelmeer: "Es wäre nicht sinnvoll, als EKD ein eigenes Schiff zu kaufen." Die Kirche sei "weder eine Reederei noch eine Rettungs-NGO". Ein eigenes Rettungsboot der evangelischen Kirche hatte unter anderem der Deutsche Evangelische Kirchentag in einer Resolution gefordert. Die leitenden Gremien der EKD wollten hingegen, "dass das Projekt breiter verankert wird", sagte der EKD-Ratsvorsitzende der Zeitung.
Bedford-Strohm kündigte an, die Kirche strebe nun ein "breites gesellschaftliches Bündnis an", das gemeinsam ein Schiff anschaffen soll. Finanziert werden soll das Projekt über die Einwerbung von Spenden, erklärte der Sozialethiker. Ein Konzept dafür werde derzeit ausgearbeitet. Eine Entscheidung solle im September fallen.
"Man muss retten, wenn Menschen in Lebensgefahr sind. Man würde ja auch einen Autofahrer nicht verbluten lassen, der sich aus Leichtsinn nicht angeschnallt hat und an den Baum gefahren ist. Die Rettung entbindet aber nicht von der Pflicht, darüber nachzudenken, wie man verhindern kann, dass Menschen auf die falschen Versprechungen der Schlepper hereinfallen", fügte der EKD-Ratsvorsitzende hinzu.
Wirtschaftliche Not, unhaltbare Zustände in den Lagern Libyens und ein anhaltender blutiger Bürgerkrieg in Syrien "treiben Menschen in die Flucht", so Bedford-Strohm, der auch Landesbischof der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern ist. "Die Menschen setzten sich aus Verzweiflung in ein Boot. Man darf nicht Ängste schüren, die Rettung aus Seenot führe zu massenhafter Einwanderung nach Europa. Das geben die Zahlen und die überwiegend gewählten Fluchtrouten nicht her." Die EU werde nur einen kleinen Teil der weltweit 70 Millionen Flüchtlinge aufnehmen können. "Für diesen muss es aber sichere und legale Wege nach Europa geben", so der Theologe.
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