Berlin (epd). Nach der erneuten Rettung Schiffbrüchiger im Mittelmeer ist eine dauerhafte Lösung der EU zum Umgang mit den Migranten weiter nicht in Sicht. Man brauche eine verlässliche europäische Lösung, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert am Montag in Berlin. Dazu sei die Kooperation der Anrainerstaaten aber unerlässlich, ergänzte ein Sprecher von Außenminister Heiko Maas (SPD). Italien untersagt Rettungsschiffen regelmäßig das Anlegen in einem sicheren Hafen.
Die Verhandlungen über einen Mechanismus zur Verteilung der Flüchtlinge aller EU-Staaten stocken. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) lenkte derweil den Blick auf das Land, von wo die lebensgefährliche Reise für die meisten beginnt. Er forderte eine Evakuierung libyscher Flüchtlingslager.
"Notwendig ist eine gemeinsame humanitäre Initiative von Europa und Vereinten Nationen zur Rettung der Flüchtlinge auf libyschem Boden", sagte Müller der "Neuen Osnabrücker Zeitung" (Montag). Er sprach sich dafür aus, die Menschen aus den libyschen Lagern zu befreien und in ihre Herkunftsländer zurückzubringen.
Solche Evakuierungsprogramme gibt es allerdings bereits seit 2017. EU und Afrikanische Union vereinbarten damals mit der Internationalen Organisation für Migration (IOM) und dem UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR eine Task Force zur Rettung von Flüchtlingen aus Libyen. Ein EU-Sprecher sagte am Montag in Brüssel, seitdem hätten 45.000 Menschen aus Libyen in ihre Heimat zurückkehren können.
Auch das Entwicklungsministerium hat ein Programm zur Rückkehr von Migranten in ihre Herkunftsländer. Wie oft es bislang in Libyen zum Einsatz kam, konnte ein Ministeriumssprecher am Montag jedoch nicht sagen.
Besonders schutzbedürftige Flüchtlinge haben zudem die Chance, aus Libyen nach Europa gebracht zu werden. Der UNHCR, der federführend bei den sogenannten Resettlement-Programmen mitwirkt, flog nach eigenen Angaben bislang 4.300 Flüchtlinge aus den libyschen Lagern in andere Länder aus. Schätzungsweise 6.000 Menschen werden demnach noch in Lagern gefangen gehalten, zu denen der Zugang aufgrund von Kämpfen schwierig sei.
Deutschland beteiligte sich am Resettlement aus Libyen im vergangenen und in diesem Jahr mit jeweils 300 Plätzen. 276 Menschen sind nach Angaben eines Ministeriumssprecher bislang in der Bundesrepublik angekommen.
Nadine Biehler, Expertin für Entwicklungspolitik und Migration bei der Stiftung Wissenschaft und Politik, begrüßte Müllers Vorstoß im Grundsatz: "Es ist der richtige Ansatz, die Flüchtlinge aus Libyen in Sicherheit zu bringen", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). Sie beklagte allerdings, dass die bestehenden Programme "sehr langsam voranschreiten". Biehler: "Eine Möglichkeit zur Beschleunigung der Evakuierungen könnte es sein, wenn Länder wie Deutschland ihre Plätze in Resettlement-Programmen aufstocken."
Die EU sucht nach Angaben eines Sprechers bereits nach weiteren Aufnahmeplätzen in Europa. Die Außenbeauftragte Federica Mogherini und Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos hätten vergangene Woche an die Außen- und Innenminister aller Mitgliedstaaten geschrieben und sie aufgefordert, das Resettlement zu beschleunigen und die Zahl der angebotenen Resettlement-Plätze für Menschen in Libyen oder Evakuierte im Niger zu erhöhen, erklärte er am Montag in Brüssel.
Die EU-Kommission hatte im September 2017 ein Programm für 50.000 Resettlement-Plätze für Flüchtlinge aus Afrika und dem Nahen Osten aufgelegt, die von den einzelnen Regierungen bereitgestellt werden müssen. Stand Mitte Juni waren laut EU mehr als 32.700 Menschen aufgenommen worden, davon 4.100 in Deutschland. Die Bundesregierung beteiligt sich mit insgesamt mehr als 10.000 Plätzen an dem Programm.
Während das Ringen um eine Antwort auf die humanitäre Not in Libyen und im Mittelmeer weitergeht, kündigte die deutsche Rettungsorganisation Sea-Eye an, schnellstmöglich wieder in ihr Einsatzgebiet auf See zurückkehren zu wollen. Mit ihrem Schiff "Alan Kurdi" hatte sie am Freitag 65 Menschen vor dem Ertrinken gerettet, die letztlich am Sonntag in Malta an Land gehen durften.
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