Leipzig (epd). Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (Bamf) darf bei der Prüfung von Abschiebungsverboten einzelne Mitglieder der gleichen Familie künftig nicht mehr unterschiedlich behandeln. Bei der Erarbeitung einer Gefahrenprognose über das jeweilige Herkunftsland müsse das Amt vielmehr von dem Regelfall ausgehen, dass Eltern und ihre minderjährigen Kinder nur gemeinsam abgeschoben werden und nicht getrennt werden dürften, urteilte das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig am Donnerstag. (Az: BVerwG 1 C 45.18)
Geklagt hatte ein Afghane, der 2015 mit seiner Frau und zwei gemeinsamen, minderjährigen Kindern nach Deutschland gekommen war. Das Bamf lehnte den Asylantrag der Familie ab, eine Klage hiergegen blieb erfolglos. Die Revision beim Oberverwaltungsgericht Bautzen zur Erwirkung eines Abschiebungsverbots wurde indes nur für Mutter und Kinder zugelassen, für die schließlich auch ein Abschiebeverbot erlassen wurde. Der Mann jedoch sei gesund und leistungsfähig und könne auch alleine abgeschoben werden, hieß es damals.
Dieses Vorgehen hat das Bundesverwaltungsgericht nun für unzulässig erklärt. Im konkreten Fall sei das Bamf verpflichtet worden, "auch für den Kläger ein Abschiebungsverbot (...) festzustellen". In Zukunft muss das Amt von dem Regelfall ausgehen, dass die Mitglieder von "tatsächlich gelebten Kernfamilien (...) entweder nicht oder nur gemeinsam zurückkehren", so die Richter.
Dies gelte auch dann, wenn einzelnen Mitgliedern einer Kernfamilie bereits ein Schutzstatus zuerkannt oder ein Abschiebungsverbot erteilt worden sei. Voraussetzung sei in jedem Fall, dass die Kernfamilie aus Eltern und Kindern auch tatsächlich zusammenlebt.
Mit dem Urteil wich das oberste deutsche Verwaltungsgericht eigenen Angaben zufolge von seiner bisherigen Rechtsprechung ab. Bislang seien in diesen Fällen Ausnahmen von dem Grundsatz möglich gewesen, dass Familien nur im Verband abgeschoben werden können. Diese Rechtsauslegung werde nun aufgegeben, erklärte das Gericht.