Berlin (epd). Der Deutsche Ethikrat spricht sich gegen eine gesetzliche Impfpflicht aus. Das Wissenschaftler-Gremium sieht aber eine moralische Verpflichtung, sich selbst und die eigenen Kinder gegen Masern impfen zu lassen, wie aus der am Donnerstag in Berlin veröffentlichten Stellungnahme "Impfen als Pflicht?" hervorgeht. Die Impfung sei "keine reine Privatangelegenheit", erklärte der Ethikrat.
Masern seien eine gefährliche Infektionskrankheit, die sich mit einer nebenwirkungsarmen Impfung vermeiden lasse. Jeder sei daher mitverantwortlich für die Menschen, die sich nicht impfen lassen können, bei denen die Krankheit aber unter Umständen einen besonders schweren Verlauf nehme. Um einen Gemeinschaftsschutz zu erreichen, müssen 95 Prozent der Bevölkerung immunisiert sein.
Insbesondere für Klein- und Schulkinder lasse sich eine Impfpflicht nicht rechtfertigen, weil in dieser Gruppe die Impfquoten am höchsten seien, hieß. Mit Blick auf die relativ große Gruppe der ungeimpften Erwachsenen raten die Wissenschaftler dringend zu gezielten Aufklärungs- und Impfkampagnen. Eine berufsbezogene Impfpflicht empfiehlt der Ethikrat für das Personal im Gesundheits-, Sozial- und Bildungswesen, weil für Ärzte, Lehrer und Pflegekräfte die Ansteckungsgefahr höher ist.
Damit widerspricht der Ethikrat der Linie von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU). Spahn will eine Masern-Impfpflicht für Kita- und Schulkinder mit der Androhung von Geldstrafen bis 2.500 Euro durchsetzen. Kinder ohne Masern-Schutz sollen keine Kita besuchen dürfen. Der Ethikrat meint hingegen, Ausschlüsse aus Bildungs- und Erziehungseinrichtungen sollten nur in Ausnahmefällen möglich sein. Anlass der Impfpflicht-Debatte waren eine Masernausbruch im niedersächsischen Hildesheim und Warnungen der Weltgesundheitsorganisation, die zunehmende Impfmüdigkeit gehöre zu den großen Gesundheitsrisiken.
Der Ethikrat setzt in seinen Empfehlungen auf mehr Information und einen einfachen Zugang zu Impfungen, beispielsweise durch offene Impfsprechstunden oder Impftage in Kindergärten und Schulen. Haus- und Kinderärzte sollten regelmäßig an ausstehende Impfungen erinnern. Ärzte sollten so geschult sein, dass sie jederzeit impfen können.