Mascolo: "Die Medien" gibt es nicht

Mascolo: "Die Medien" gibt es nicht

Dortmund (epd). Der Journalist Georg Mascolo hat sich für mehr Differenzierung bei Aussagen über "die Medien" starkgemacht. "An guten Tagen kann der Journalismus tatsächlich so etwas sein wie der Reparaturbetrieb der Demokratie", sagte der Leiter der Recherchekooperation von NDR, WDR und "Süddeutscher Zeitung" am Freitag beim evangelischen Kirchentag in Dortmund. Die Spanne sei allerdings sehr weit und "die Medien" gebe es eigentlich gar nicht: Jeden Tag lese er etwas, das ihn stolz mache auf seinen Berufsstand und etwas, für das er sich schäme.

Der 54-Jährige kritisierte, Transparenz und Korrekturen von Fehlern gebe es im Medienbetrieb noch nicht genug. "Das, glaube ich, muss anders werden." Die Verunsicherung von Medienkonsumenten könne er verstehen, sagte der Journalist bei seinem Vortrag mit dem Titel "Vertrauen verdienen - Journalismus in Zeiten von Fake, Lüge und großer Gereiztheit". Die Lüge habe eine "neue Macht erhalten". Man wisse nicht mehr, was man glauben könne und dürfe. Die Kategorien "gefällt mir" und "gefällt mir nicht" würden zunehmend wichtiger als wahr und falsch. Solche Filterblasen seien problematisch, sagte der ehemalige "Spiegel"-Chefredakteur, denn "die Demokratie ist kein Schützengraben".

Voraussetzung für demokratische Entscheidungen seien zuverlässige Informationen, auf deren Basis Bürger sich eine Meinung bilden könnten. Ohne diese Basis sei auch der Zusammenhalt einer Gesellschaft in Gefahr: "Natürlich kann und darf jeder seine eigene Meinung haben, aber nicht seine eigenen Fakten", sagte Mascolo. Eigentlich seien das "großartige Zeiten für uns Journalisten", denn bei schwankendem Boden sei verlässliche Orientierung umso wichtiger.

Er habe das Gefühl, dass die Demokratie aktuell einem "Stresstest" unterzogen werde. Als großes Problem bezeichnete der Journalist auch das Geschäftsmodell der Internetgiganten: Facebook mit seiner riesigen Reichweite setze vor allem auf Emotionalisierung. Auch mit Lügen werde dort Geld verdient, wenn sie viele Klicks generierten und sich damit Werbung verkaufen lasse.

Der 37. Deutsche Evangelische Kirchentag findet von Mittwoch bis Sonntag in Dortmund statt. Die Veranstalter erwarten rund 118.000 Teilnehmer. Das Treffen steht unter der Losung "Was für ein Vertrauen". Der Kirchentag ist alle zwei Jahre in einer anderen Stadt zu Gast.